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Die Private Krankenversicherung (PKV) bleibt ein ständiger Diskussionspunkt zwischen Gegnern und Befürwortern aus der Politik und den Verbänden. Regelmäßig wird das Spannungsfeld zwischen PKV und GKV, mit wechselnden thematischen Schwerpunkten, öffentlich in Szene gesetzt. Nun konterte die private Krankenversicherungslobby im Zuge der Kontroverse um die Einführung einer Bürgerversicherung mit einer Studie, die aufzeige, dass die Einheitssysteme im internationalen Vergleich dem dualen System in Deutschland unterlegen seien. Zudem habe sich das deutsche Krankenversicherungssystem als äußerst robust erwiesen, während die Versorgungsunterschiede in den Ländern Europas seit der Finanzkrise deutlich zugenommen hätten.

Das ist das Fazit einer länderübergreifenden Studie des wissenschaftlichen Instituts der privaten Krankenversicherer (PKV), die jetzt veröffentlicht wurde. Hintergrund der jüngst wieder entfachten Diskussion ist die Ankündigung der Opposition, das  derzeitige duale System abschaffen zu wollen. Bemängelt wird von den Kritikern der PKV in besonderem Maße die fehlende Wirtschaftlichkeit. Nach diesen Plänen bliebe der PKV nur noch der wenig lukrative Markt der Zusatzversicherungen offen.

Die PKV-Studie wirft einen Blick auf internationale Gesundheitssysteme und führt dabei die jeweiligen Missstände auf: So sei nach Angaben der Studie vor allem bei einheitlich organisierten Gesundheitssysteme aufgrund der strengen Rationierung des Zugangs zu medizinischen Leistungen deutlich mehr Ungerechtigkeit vorzufinden. Versicherte würden daher zur Behandlung ins Ausland ausweichen. Teilweise seien sogar Schmiergeldzahlungen notwendig, um schnell und umfassend versorgt zu werden. Grund sei in einigen Staaten die durch die Finanzkrise stark angeschlagene medizinische Infrastruktur. Als Beispiel führt die Studie Griechenland an, wo Verwandte der Patienten sogar selbst den Gips kaufen, damit die Ärzte gebrochene Arme und Beine behandeln können. Ferner würden einige Kliniken führten keine kardiologischen Untersuchungen mehr durchführen, weil kein Geld für den Kauf von Stents da sei. In Spanien seien Doppelreihen mit belegten Betten in den Fluren der Krankenhäuser keine Seltenheit mehr.

Als einen weiteren Systemnachteil macht die Studie neben der eingeschränkten Wahlfreiheit besonders die langen Wartezeiten aus. Wartezeiten stellten vor allem im überregionalen staatlichen Gesundheitssystem Großbritanniens ein großes Problem dar. So standen allein im Herbst 2012 rund 5,5 Millionen Briten auf einer Warteliste. Im Schnitt dauerte die Wartezeit von der Überweisung des Hausarztes bis zur stationären Behandlung 8,5 Wochen. In Irland gab es in 36 der 42 Krankenhäuser Wartezeiten von über neun Monaten. In Sachen Wartezeit erreicht Deutschland laut der WIP-Studie einen positiven Spitzenplatz. Die Verhältnisse seien hier deutlich besser. Nur 22 Prozent der gesetzlich Versicherte müssen mehrere Wochen auf einen Arzttermin warten.

Des Weiteren richtet die WIP-Studie ihren Blick auf die Erstattungssituation anderer Länder. Da viele Patienten in anderen Staaten eine optimale Versorgung aus der eigenen Tasche zahlen müssen, haben sich, wie in Großbritannien, gut ausgebaute private Gesundheitssektoren parallel zum öffentlichen Sektor entwickelt. Oder die Bürger müssen, wie in den Niederlande, vorrangig eine Behandlung im Ausland wahrnehmen, weil es keine entsprechende Zusatzversicherung gibt. Eine ähnliche Zwei-Klasse-Medizin drohe daher aus Sicht der PKV, wenn die von SPD, Grünen oder der Linkspartei favorisierte Bürgerversicherung in Deutschland Realität werde.

Die Umstrukturierung des Gesundheitssystems stand in den zurückliegenden Jahren immer wieder ganz oben auf der Agenda der deutschen Politiker. Dass sich aktuell bei diesem Reizthema die Frequenz des Schlagabtausches erhöht ist angesichts des Wahljahres nur wenig verwunderlich.