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Polen setzt auf E-Government und will mit EU-Fördergeldern in Milliardenhöhe die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben. Ein Großteil des Geldes soll dabei in das Gesundheitssystem fließen. Geplant sind unter anderem der elektronische Personalausweis, die Online-Steuererklärung und ein einheitliches System im Gesundheitswesen.

Für besondere Effizienz oder besonders gute Leistungen für Patienten war das staatliche polnische Gesundheitssystem, für das 6,2 Prozent des BIP ausgegeben werden, bislang nicht bekannt. Seit 2003 gibt es in Polen eine einzige Krankenkasse, den Nationalen Gesundheitsfonds (NFZ), dem  alle 38,3 Millionen Einwohner angeschlossen sind. Der NFZ ist dem polnischen Gesundheitsministerium untergeordnet. Das Ministerium entscheidet über Finanzen und Leistungsangebot, zum Beispiel darüber, welche Medikamente erstattet werden.

Die staatliche ‘Krankenkasse’ NFZ leidet unter chronischem Geldmangel und Kritiker werfen dem System eine nicht am Patienten orientierte Organisation vor.  So existiert in Polen neben der staatlichen auch eine starke private Gesundheitswelt. Wer es sich leisten kann, geht meist auf eigene Kosten zum Arzt. Verschiedene Reformversuche (etwa 2011,2012) ergaben bislang wenig greifbare Ergebnisse. Nun soll es die Technik richten: Wie Germany Trade & Invest und unter anderem die Ärztezeitung berichten, wird das im vergangenen Jahr eingeführte zentrale Patientenregister nun erfolgreich eingesetzt.

Dieses im vergangenen Jahr als dringend geforderte System garantiert seit Januar 2013, dass versicherte Menschen in Polen im staatlichen System auch wirklich behandelt werden und nicht erst langwierig die Versicherung geprüft werden muss. Polens ergänzendes privates Gesundheitssystem und weitere Funktionen sollen ebenfalls eingebunden werden. Das System mit dem Namen ‘Elektronische Plattform für Sammlung, Analyse und Bereitstellung des Digitalen Bestands’ mit einem Kostenvolumen von knapp 200 Millionen Euro wird die Basis für den weiteren Ausbau bilden. Denn es soll weiter gehen: Im Rahmen der EU-geförderten E-Government-Aktivitäten (die elektronische Umsetzung von Vorgängen zwischen öffentlichen Stellen und den Bürgern) soll neben elektronischen Varianten der Steuererklärung und des Personalausweises nun auch das polnische Pendant zur umstrittenen eGK (elektronische Gesundheitskarte) in Deutschland etabliert werden.

Geplant ist laut einer Aussage des Ministers für öffentliche Verwaltung und Digitalisierung die Einführung einer elektronischen Versichertenkarte mit zusätzlichen Funktionen für das Jahr 2014. Die damit verbundenen Funktionen sind den Planungen in Deutschland ähnlich: Es sollen mit ihm elektronische Rezepte ausgegeben, Patienteninformationen zwischen behandelnden Ärzten ausgetauscht, Notfalldaten vorgehalten und Krankheitsverläufe dokumentiert werden.

Sollte es tatsächlich zu einer Einführung im Jahr 2014 kommen, wäre dies ein überraschend schneller Prozess – zumindest im Vergleich zu Deutschland. Möglicherweise kann dabei auch auf die umfangreichen Erfahrungen und technologischen Entwicklungen aus anderen Ländern wie Österreich und Deutschland zurückgegriffen werden. Die Einführung eines solchen Systems fällt in Ländern mit zentral organisiertem Gesundheitssystem naturgemäß leichter als in einem System mit vielen unterschiedlichen Akteuren. In diesem Punkt dürfte Polens Gesundheitssystem einen Vorteil gegenüber dem in Deutschland haben.