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Seit Jahren setzen öffentliche Haushalte im Gesundheitswesen den Rotstift an. Einrichtungen wie kommunale Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime kommen so in finanzielle Bedrängnis. Um Schließungen zu verhindern, greifen die Kommunen häufig zu einer nicht unumstrittenen Maßnahme: Sie verkaufen ihr „Tafelsilber“, die Einrichtungen werden also von privaten Investoren übernommen. Doch auch Medizintechnik-Unternehmen sind von Einsparungen betroffen, denn Banken stellen immer seltener Mittel zur Finanzierung von Wachstumsvorhaben zur Verfügung, obwohl in diesem Bereich enormer Investitionsbedarf besteht. Eine Lösung stellen Investitionen aus dem Private Equity Sektor dar.

Die Gesundheitsbranche rückt zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses von Finanzinvestoren, da sie ein hohes Wertsteigerungs- und Konsolidierungspotenzial liefert. Für Investitionen in das Gesundheitswesen sprechen die langfristigen Wachstumsperspektiven. Der demografisch Wandel garantiere eine stetig wachsende Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen. Während der Krankenhausbereich den größten Markt darstellt und zunehmend private, renditeorientierte Träger einsteigen, wächst der Bereich der Altenbetreuung derzeit am stärksten. Der demografische Wandel wird auch in den kommenden Jahren den Bedarf an Senioren-  und Pflegeheimen überproportional steigen lassen. Auch gesetzliche Vorgaben wie beispielsweise die Abschaffung von Zwei- und Mehrbettzimmern in der Pflege wird insofern auswirken, als dass bestehende Einrichtungen Betten reduzieren müssen und daher der Bedarf nach neuen Heimen wächst, um die Versorgung zu gewährleisten. Und schließlich wächst unter mittelständischen Medzintechnikunternehmen das Bewusstsein, dass sie notwendiges Wachstum häufig nicht aus eigener Kraft finanzieren können. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt im enormen Kapitalbedarf durch technologischen Wandel und die Notwendigkeit, auch im Ausland zu wachsen. Seit einiger Zeit sind daher in der Branche vermehrt Übernahmen oder Beteiligungen durch Private Equity Gesellschaften zu beobachten. Alternativ dazu kann der Kapitalbedarf durch spezielle Fonds bedient werden. Erst kürzlich wurde bekannt, dass Gilde Healthcare 100 Mio. Euro für Gesundheits-Dienstleister zur Verfügung stellt. Der so finanzierte Fonds richtet sich speziell an Fachkliniken, Einrichtungen der Altenpflege und der ärztlichen und psychischen Grundversorgung. Zudem richtet sich die Investitionsstrategie des Fonds auf eine Fokussierung auf mittelständische Unternehmen, die eine bessere Gesundheitsversorgung zu niedrigeren Kosten sicherstellen wollen.

Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass im Gesundheitswesen einschränkende Faktoren für Private Equity Aktivitäten bestehen. So verschiebt sich die Entscheidungsgewalt zunehmend von Klinikärzten hin zu Kostenträgern und Leistungserbringern. Diese bewerteten medizinische Geräte zunehmend nach Kosten und Nutzen. Hinzu kommt, dass eine reine Ausrichtung auf Rendite im Gesundheitswesen mit Wertvorstellungen in Politik und Gesellschaft kollidieren. Zusätzlich werden regulatorische Vorschriften verschärft und neue erlassen. Als Folge konzentrierten sich Medzintechnikunternehmen vermehrt auf die Verbesserung bereits zugelassener Geräte, anstatt innovative, neue Produkte zu entwickeln. Um diese disruptiven Faktoren zu umgehen müssen sich Unternehmen künftig in ihren Geschäftsmodellen neu ausrichten. Die Debatte pro und contra Private Equity kann aus verschiedenen Gesichtspunkten geführt werden. Neben den rein finanziellen Aspekten, welche für Unternehmen und Investoren von Bedeutung sind, spielen nicht zuletzt auch Bedenken hinsichtlich der Sicherstellung von bezahlbarer, qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung aller Bürger eine Rolle. Dieser wichtige Grundpfeiler eines Sozialstaates darf nicht in den Hintergrund geraten. Ob dies mit rein marktwirtschaftlichen Instrumenten erreicht werden kann, ist mindestens fraglich. Die Verantwortung liegt daher bei der Politik, die Waagschale zwischen der Sicherstellung der Finanzierung und gleichzeitig der Versorgung im Gleichgewicht zu halten.