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Eine Prothese „to go“, schnell ausgedruckt mit einem 3D-Drucker. Was wie Science Fiction klingt, hat in den vergangenen Jahren den Übergang in die Realität geschafft. Nachdem zunächst vornehmlich in der Automobilindustrie 3D-Druck zur Prototypenherstellung eingesetzt wurde, erschließen sich durch diese Technologie mittlerweile auch neue Möglichkeiten im Bereich Medizintechnik. Durch die vergleichsweise günstige Herstellungsmethode könnten in Zukunft beispielsweise auch Menschen in Entwicklungsländern mit Prothesen versorgt werden.

Maßgeschneiderte Hightech-Prothesen ermöglichen Menschen, die aufgrund von Fehlbildungen oder Amputationen körperlich eingeschränkt sind, ein nahezu normales Leben. Selbst Leistungssport ist mit derartigen Hilfsmitteln möglich, wie bei den alle vier Jahre stattfindenden Paralympics eindrucksvoll bewiesen wird. Doch längst nicht jeder kommt in den Genuss einer solchen Prothese. Gerade in Entwicklungsländern ist zwar der Bedarf hoch, für die Betroffenen sind die mehrere zehntausend Euro teuren Hilfsmittel allerdings unbezahlbar. Eine Alternative stellen Prothesen dar, die in 3D-Druckern gedruckt werden. Die Kosten belaufen sich schon heute oft nur auf vergleichsweise wenige Euro Materialkosten. Die Prothesen sind im Hinblick auf Funktionalität und Tragekomfort selbstverständlich nicht mit hochentwickelten Prothesen vergleichbar, doch auch sie können auch den Betroffenen ein Stück Lebensqualität zurückgeben.

3D-Drucker sind in den vergangenen Jahren in Mode gekommen und mittlerweile zu relativ erschwinglichen Preisen erhältlich. Nicht selten sind sie sogar in großen Copy-Shops zu finden. Vorlagen für druckbare Produkte finden sich zuhauf im Internet, in vielen Fällen sogar kostenlos. Auch Druckvorlagen für Prothesen sind inzwischen keine Ausnahme mehr, prominentestes Beispiel ist derzeit die „Robohand“. Diese wurde von Richard van As entwickelt, der durch einen Unfall sämtliche Finger seiner rechten Hand verlor. Nach fast zwei Jahren Entwicklungsarbeit konnte im Januar 2013 der erste erfolgreiche Prototyp aus dem 3D-Drucker vorgestellt werden. Schon im November des gleichen Jahres ging die Robohand in „Serie“ und wurde in kurzer Zeit bereits 200 Mal ausgedruckt. Nach ihrem Vorbild wurden mittlerweile auch eine druckbare Finger- und Armprothese entwickelt.

Inzwischen wurde von den Entwicklern ein Projekt ins Leben gerufen, Kriegsversehrte im krisengebeutelten Sudan mit den kostengünstigen Prothesen zu versorgen. Ein ähnliches Ziel hat sich die Initiative 3D Life Prints auf die Fahnen geschrieben. Mit Hilfe der Technologie sollen Menschen in Kenia passgenaue und preisgünstige Prothesen angeboten werden können. Auch das Projekt e-Nabling hat eine einfache Handprothese entwickelt, deren Herstellung nur 50 Dollar kostet. Was diese und weitere Projekte dieser Art verbindet ist die Vorgehensweise, nach den Prinzipien von Open Source Lösungen zu entwickeln. Praktisch jeder kann sich am gesamten Prozess der Produktentstehung beteiligen, für das Endprodukt sind keine Patente oder andere Schutzmechanismen vorgesehen, sondern es steht jedem zur Nutzung zur Verfügung.

Auch insgesamt zeigt sich, dass diese neue Technologie über einen bloßen Hype hinausgewachsen ist. So stellte auch die diesjährige Medizintechnik-Messe Medtec in Stuttgart das Thema 3D-Druck in den Fokus. Im Gesundheitswesen erschließen sich durch kostengünstige Herstellungsmethoden neue Möglichkeiten, welche die etablierten Hersteller nicht verpassen sollten. Auch wenn die bisherigen druckbaren Prothesen längst nicht an die Qualität hochwertiger Prothesen heranreichen, zeigt sich doch, dass hier ein Nischenmarkt entsteht. Hier geht es zwar nicht um Profit, dennoch sollte die hier vorzufindende Innovationskraft keinesfalls unterschätzt werden. Für etablierte Prothesenhersteller besteht zwar keine direkte Konkurrenz, allerdings wäre es auf lange Sicht fatal, einen entstehenden Trend zu verpassen. Denn auch in der Herstellung von Hightech-Prothesen können durch 3D-Druck Kosten eingespart und die Herstellung vereinfacht werden.