Seite wählen

Auch wenn es sich bei der regenerativen Medizin um ein noch verhältnismäßig junges Gebiet der Medizin handelt, hat es in den vergangenen Jahren immer schon neue wissenschaftliche Durchbrüche bei der Rekonstruktion menschlichen Gewebes gegeben. Im Jahr 2012 gelang es japanischen Forschern aus den Stammzellen von Mäusen Hypophysenvorderlappen herzustellen und darüber hinaus aus solchen Stammzellen Gewebe herzustellen, das im Zusammenspiel mit dem Hypophysengewebe wie unter physiologischen Bedingungen Neurohormone ausschüttete.

Jetzt ist es Forschern aus der Schweiz gelungen, Nasenflügel aus gezüchtetem Gewebe zu konstruieren. Aus Anlass der Behandlung von Hautkrebs-Patienten züchteten die Mediziner aus Knorpelzellen der Nasenscheidewand weiteres Gewebe und transplantierten dieses. Tatsächlich bildete sich sechs Monate später Muskel und Fettgewebe. Dabei waren die Patienten sowohl mit dem Aussehen als auch der Funktion durchaus zufrieden.

Doch damit nicht genug: Wenn es nach den Forschern geht, sollen künftig auch irreparabel geschädigte Herzen, Lebern und Nieren aus Gewebezellen nachgezüchtet werden können. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund eine besondere Bereicherung für die Medizin, als dass in Deutschland viel zu wenige Spenderorgane zur Verfügung stehen. Während die Mediziner bei der Nachzucht von Knorpelzellen schon über eine gewisse Routine verfügen, stellt die Nachzucht „echter“ Organe noch eine besondere Herausforderung dar, die die Medizinforscher sicherlich annehmen werden.

Neben den sich so bietenden neuen Heilungschancen für Patienten, winkt auch für die Wirtschaft ein Geschäft in Milliardenhöhe. In Deutschland werden jährlich mehr als 375.000 künstliche Hüft- und Kniegelenke eingesetzt. Experten gehen davon aus, dass etwa 20 Prozent dieser Patienten mit nachgezüchtetem Gewebe erfolgreich behandelt werden könnten.

Deutschland steht nicht schlecht da, wenn es um die regenerative Medizin geht und am Markt schon durchaus eine respektable Rolle: Die Firmen Codon und Tetec stellen schon seit einigen Jahren Gewebeersatzprodukte her. Codon hat bereits 6.000 Patienten mit gezüchteten Knorpelzellen behandelt. Seit 2007 zahlen sogar die Krankenkassen. Der Chef der Firma Codon, Andreas Baltrusch, schätzt das auf Deutschland bezogene Marktpotential allein im Bereich der schonenden und gelenkerhaltenden Behandlung auf etwa 250 Millionen Euro, europaweit sogar auf bis zu eine Milliarde Euro. Derzeit führt das Unternehmen weitere Studien durch, deren Finanzierung durch die Erhöhung von Eigenkapital finanziert wird.

Auch das ebenfalls deutsche Unternehmen Urotiss kann dank nationaler Genehmigung für sein Produkt MukoCell Patienten mit Harnröhrenverengung erfolgreich behandeln. Sören Liebig, der Geschäftsführer der Fa. Urotiss betonte, dass man das erste aus patienteneigenen Zellen hergestellte Produkt in der Urologie auf den Markt gebracht habe. Man sei derzeit auf der Suche nach weiteren Investoren für Studien in den USA und Europa, um erforderliche weitere Genehmigungen zu erhalten.

Summary Seven berichtete zudem schon über das ebenfalls deutsche Unternehmen Curasan, das neben regenerativer Medizin für die Orthopädie und Wundheilung nun auch den Vertrieb ihrer medizinischen Technologien im Bereich der dentalen Implantologie ausbaut. Spektakulär könnte sich auch der Markt für regenerativ-medizinisch hergestellte Herzklappen entwickeln. Die Beratungsfirma Cap Gemini schätzt das Marktpotenzial für diese auf über eine Milliarde Euro. Wir werden die aktuellen Entwicklungen im Bereich der regenerativen Medizin weiter mit Spannung beobachten, da sie sowohl aus medizinischer als auch auch wirtschaftlicher Sicht eine wahre Revolution bereit zu halten scheint.