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Laut einem Vorabbericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) gaben die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahr 2014 rund eine Mrd. Euro mehr aus, als der Gesundheitsfonds ihnen zugewiesen hat. Schon im ersten Quartal ist ein Defizit in dreistelliger Millionenhöhe aufgelaufen. Dieses summierte sich bis zum dritten Quartal auf rund 763 Mio. Euro. Die Kassen sind damit im vergangenen Jahr erstmals seit 2008 wieder in die Verlustzone gerutscht. Doch nicht alle Kassen schrieben rote Zahlen. So konnten die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) einen Gewinn von 420 Mio. Euro erwirtschaften.

Die Verluste verteilen sich folgendermaßen auf die Kassen: Die Betriebskrankenkassen (BKK) erwirtschafteten ein Minus von 170 Mio. Euro, die Innungskrankenkassen von 220 Mio. Euro und die Knappschaft von immerhin noch 20 Mio. Euro. Das Finanzergebnis für 2014 ist noch vorläufig. Insgesamt ändert dieses dem GKV-Spitzenverband zufolge vorerst nichts an der insgesamt guten Finanzlage der Kassen und des Gesundheitsfonds. Laut Bundesgesundheitsministerium verfügen die gesetzlichen Krankenkassen immer noch über Finanzreserven in Höhe von 16 Mrd. Euro. Das Nettoreinvermögen des Gesundheitsfonds liegt noch bei rund 11 Mrd. Euro. Dennoch rechnet der Verband aufgrund weiterhin steigender Ausgaben schon im kommenden Jahr mit höheren Zusatzbeiträgen. Diese seien unvermeidlich, da die Haushalte vieler Krankenkassen bisher von Reserveüberschüssen getragen würden, die im Jahr 2016 aufgebraucht sein werden. Für 2015 prognostiziert der Präsident des Bundesversicherungsamtes, Dr. Maximilian Gaßner, aber noch stabile Beitragssätze. Er widersprach der Einschätzung, dass es bereits in diesem Jahr zu steigenden Zusatzbeiträgen kommen werde. Es könne allerdings im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass der Zusatzbeitragssatz wegen überplanmäßiger Ausgaben korrigiert werden muss.

Die Situation ist hausgemacht: Ein Großteil der Verluste geht darauf zurück, dass die Kassen ihren Mitgliedern über Prämien, Rückzahlungen und freiwillige Leistungen an ihren nach wie vor bestehenden Finanzreserven beteiligt haben. Insgesamt gaben die Kassen hierfür 700 Mio. Euro aus. Weitere 260 Mio. Euro entfielen auf freiwillige Satzungsleistungen, die über den gesetzlich vorgeschriebenen Katalog hinausgehen, wie beispielsweise Impfungen, alternative Heilmethoden oder die Erstattung bestimmter OTC-Arzneimittel. Doch auch steigende Kosten für Ärzte, Kliniken und Medikamente belasten die Bilanz. Durchschnittlich steigen die Gesamtkosten pro Jahr um fünf Prozent, der Anstieg der Einnahmen erfolgt deutlich geringer. Die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen geht damit immer weiter auseinander, wodurch die Reserven bald aufgebraucht sein könnten. Ein kleiner Anteil des Kostenanstiegs könne laut dem Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, auf die demografische Entwicklung zurückgeführt werden. Für den größeren Teil seien aber allgemeine Kostensteigerungen verantwortlich. Diese konnten bisher auch durch Reformen nicht gänzlich vermieden werden.

So sollte ursprünglich das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG ) die rasant steigenden Arzneimittelausgaben eindämmen. Dennoch steigen die Kosten weiter. Einer der Gründe ist die Absenkung des Herstellerrabatts. Dieser wurde zum 1. April 2014 von 16 auf sechs bzw. sieben Prozent gesenkt. Die Kassen mussten dadurch laut Berechnungen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) neun Prozent mehr für Arzneimittel ausgeben. Bei der Rechnung sind allerdings die Einsparungen durch Rabattverträge noch nicht berücksichtigt. Diese dürften bei etwas mehr als zwei Mrd. Euro liegen. Die höchsten Kosten verursacht allerdings die Krankenhausbehandlung. Laut einer Statistik des Verbands der Ersatzkassen (vdek) entfallen ein Drittel aller Ausgaben auf diesen Bereich. Daher sollte hier vom Gesetzgeber frühzeitig mögliches Einsparpotenzial überprüft werden. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass die Versorgungsqualität darunter leidet. Der AOK-Bundesverband regte anlässlich der Veröffentlichung des Klinikreports an, verbindliche Qualitätsstandards für die Krankenhausbehandlung zu implementieren und Kliniken ohne Mehrnutzen und die nötige Erfahrung, die sich dennoch als Zentrum bezeichnen, die Zuschläge hierfür zu streichen.