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Innerhalb von vier Jahren stieg die Zahl der Menschen mit Behinderungen um sieben Prozent. Im Jahr 2013 lebten demnach 10,2 Mio. Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung in Deutschland, rund 673.000 mehr als im Jahr 2009. Zu diesem Ergebnis kam jüngst das Statistische Bundesamt.

Abhängig davon, wie stark sich die Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirkt, wird der Grad der Behinderung in Zehnerschritten zwischen 20 bis 100 unterteilt. Ab einem Grad von 50 spricht man von Schwerbehinderung, als leichter behindert werden Menschen mit einem Grad von unter 50 bezeichnet.

Hilfsmittel: Wichtiger Baustein für soziale Teilhabe

Die Lebenssituation von behinderten Menschen unterscheidet sich meist deutlich von der nichtbehinderter Menschen. Behinderte Menschen zwischen 25 und 44 Jahren sind mit einem Anteil von 58 Prozent deutlich häufiger ledig. Der Anteil unter den Nichtbehinderten beträgt 45 Prozent. Behinderte Menschen leben außerdem häufiger allein (32 Prozent) als Menschen ohne Behinderung (21 Prozent). Besonders deutlich werden die Unterschiede, wenn man den Arbeitsmarkt betrachtet. Nur 67 Prozent der behinderten Menschen in der Altersgruppe waren erwerbstätig oder auf der Suche nach einer Tätigkeit, bei den gleichaltrigen Nichtbehinderten waren es 88 Prozent. Das liegt nicht zuletzt daran, dass trotz Antidiskriminierungsgesetzen auf dem ersten Arbeitsmarkt noch nicht genügend Angebote für behinderte Menschen geschaffen wurden. Dabei kann, abhängig von Schweregrad und Art der Behinderung, eine weitgehende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erreicht werden, nicht zuletzt durch den Einsatz von Hilfsmitteln.

Für eine Vielzahl Behinderungen als Folge von Krankheit, Unfall oder hohem Alter sind auf dem Markt unterstützende Hilfsmittel erhältlich. Dabei kann es sich um Gehilfen oder Rollstühle ebenso handeln wie um Prothesen oder Hörgeräte. Die mobile Kommunikation bietet Menschen mit Behinderung neue viele Möglichkeiten und auch im Bereich der Kommunikationshilfen werden immer neue Hilfsmittel entwickelt, wie zum Beispiel Sprach- oder Sehsteuerungen für Computer.

Hilfsmittelversorgung: Strenge Anforderungen der GKV

Für die Hilfsmittel-Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für behinderte Menschen sind strenge Voraussetzungen zu erfüllen: Es muss ein Schweregrad der Behinderung von mindestens 50 sowie eine ärztliche Verordnung für das jeweilige Hilfsmittel vorliegen. Darüber hinaus muss es sich um ein Hilfsmittel handeln, dass speziell und ausschließlich zum Ausgleich der Behinderung entwickelt wurde. Ein besonders großer Monitor zum Ausgleich einer Sehbehinderung fällt demnach nicht unter die Hilfsmittelversorgung der GKV, wohl aber eine spezielle Braille-Tastatur. Zum Leistungskatalog derr GKV zählen darüber hinaus Seh- und Hörhilfen, Rollstühle, Prothesen, orthopädische Schuhe sowie Orientierungs- und Mobilitätshilfen.

Unter bestimmten Umständen ist es allerdings möglich, einen weitergefassten Anspruch auf die Erstattung von Hilfsmitteln durchzusetzen. Für Menschen mit einer nicht nur vorübergehenden geistigen, körperlichen oder psychischen Behinderung gilt nicht allein der relativ eng gefasste Hilfsmittelbegriff der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sie haben zusätzlich Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach SGB XII, wenn ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch ihre Behinderung wesentlich eingeschränkt ist, dies bereits bei einem Schweregrad der Behinderung unter 50. Dabei gilt: Hilfsmittel im Sinne der Eingliederungshilfe sind alle Gegenstände, die tatsächlich helfen, die Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mindern. Sie müssen zur Verfügung gestellt werden, wenn sie für die Bewältigung des Alltags notwendig sind. Dazu zählen auch nichtmedizinische Hilfsmittel, beispielsweise zur Verständigung mit der Umwelt wie Kommunikationshilfen, der Umbau des Haushalts, bis hin zu speziellen Fahrzeugen. Die Eingliederungshilfe unterliegt dabei dem Grundsatz der Nachrangigkeit, das heißt, die Leistungen werden nur dann erbracht, wenn sie nicht von dem Behinderten selbst, den Angehörigen oder Leistungsträgern wie der Sozialversicherung übernommen werden (können). Um den Anspruch zu ermitteln, wird daher auch das Einkommen bzw. Vermögen des Antragstellers berücksichtigt.

Der Katalog der GKV bietet zwar eine große Anzahl von Hilfsmitteln, die für die unmittelbare Bewältigung des Alltags und sozialer Teilhabe unabdingbar sind. Dennoch ist er für viele Schwerbehinderte nicht ausreichend. Weitere Leistungen müssen theoretisch aus eigener Tasche finanziert werden. Da viele Behinderte aufgrund fehlendem oder geringem Einkommen dazu nicht in der Lage sind, hat der Gesetzgeber weitere Möglichkeiten wie die Eingliederungshilfe vorgesehen. Diese Maßnahmen sind in der Realität absolut notwendig, denn es reicht nicht, einem Gehbehinderten einen Rollstuhl zur Verfügung zu stellen, wenn die Wohnung nicht rollstuhlgerecht umgebaut wird, Bad, Küche etc. daher nicht barrierefrei und Geräte im Rollstuhl nicht zu bedienen sind. Es darf daher nicht außer Acht gelassen werden, dass mit dem medizinisch Notwendigen nicht der wirklich notwendige Bedarf gedeckt ist. Gleichzeitig kann nicht erwartet werden, dass die Krankenkassen allein für die Bereitstellung aller Hilfsmittel, die für einen weitgehend selbständigen Alltag notwendig sind, aufkommen. Ein Zusammenspiel verschiedener Träger soll daher den Zugang zu den notwendigen Produkten bei gleichzeitiger Finanzierbarkeit durch das Sozialsystem sicherstellen.