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Ewiges Leben – dieses Thema hat bereits viele Literaten, Philosophen und Wissenschaftler beschäftigt. Mittlerweile scheint es fast, als könnte diese absurde Vorstellung irgendwann Realität werden. Lag die Lebenserwartung im Mittelalter noch zwischen 35 und 40 Jahren, so werden die Menschen heute nach neuesten Untersuchungen durchschnittlich bereits 71,5 Jahre alt. 6,2 Jahre leben wir heute länger als noch 1990. In den vergangenen 160 Jahren ist die höchste Lebenserwartung durchschnittlich jedes Jahr um drei Monate angestiegen. Und es scheint, als würde das so weitergehen. Eine wichtige Rolle dabei spielt der medizinische Fortschritt – doch zeigt dieser uns wirklich den Weg in die Unsterblichkeit? Und hält der menschliche Körper ewiges Leben überhaupt aus?

Fakt ist, dass wir immer mehr Lebenszeit gewinnen. Ein internationales Studienkonsortium um Dr. Christopher Murray von der Universität Washington hat eine Auswertung von Daten aus 188 Ländern im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht. Neben dem allgemeinen Anstieg der Lebenserwartung hat diese gezeigt, dass es auch immense Unterschiede je nach Geburtsort gibt. So haben Kinder, die in den afrikanischen Ländern Lesotho oder Swasiland zur Welt kommen, die geringste Lebenserwartung. Diese liegt hier bei durchschnittlich nur 50 Jahren. Anders ist es in Katar. Hier werden Männer durchschnittlich 81,2, Frauen 83,1 Jahre alt. Ein 2013 in Deutschland geborener Junge wird im Schnitt voraussichtlich 78 Jahre leben, ein Mädchen des gleichen Jahrgangs 83. Den Jungen plagen allerdings im Schnitt die letzten elf Jahre seines Lebens Krankheiten, bei dem Mädchen sind es sogar 13.

Medizin, Frieden und eine gute Ernährung

Die rasante medizinische Entwicklung steigert die Lebenszeit – aber sie kann sie nicht in gleichem Maße verbessern. Von den 6,2 Jahren, die wir an Zeit gewinnen, verbringen wir nur 5,4 Jahre in Gesundheit. Dennoch spielen die gute Erreichbarkeit medizinischer Versorgung und der Fortschritt auf diesem Gebiet eine übergeordnete Rolle. Insbesondere die Entdeckung des Penicillins im Jahr 1928 hat hierzu einen immensen Beitrag geleistet. Wie wichtig die medizinische Versorgung noch heute ist, lässt sich am Beispiel Äthiopiens zeigen – hier konnte die gesunde Lebenserwartung durch eine Eindämmung von Durchfallerkrankungen und tiefen Atemwegsinfektionen in den letzten Jahren von durchschnittlich 40,8 auf 54,3 Jahre gesteigert werden.

Nicht nur die Medizin, auch die allgemeinen Lebensumstände haben Auswirkungen auf die Zeitspanne, die wir voraussichtlich leben. Durch die ausgewogene Ernährung, die für uns zu jeder Jahreszeit durch einen Gang ins nächste Lebensmittelgeschäft erreichbar ist, wurden Erkrankungen wie Skorbut (Vitamin-C-Mangel) oder Beriberi (Vitamin-B1-Mangel) aus unseren Breitengraden eigentlich komplett eliminiert. Die Auswertung hat auch ergeben, dass Männer, die nur die Hälfte des Durchschnittseinkommens erhalten, 14,3 Jahre weniger leben als Männer, die finanziell sorgenfrei sind. Ferner spielen natürlich Krieg und Frieden eine Rolle. In Kriegszeiten sterben mehr Menschen – und damit sinkt natürlich auch die Gesamtlebenserwartung. Denn was man nicht vergessen darf – auch wenn die durchschnittliche Lebensdauer im römischen Imperium lediglich 22 Jahre betrug, so gab es auch zu diesen Zeiten alte Menschen. Die 70- oder 80-Jährigen waren selten, aber vorhanden.

Kein Ende in Sicht?

Bei einem Blick auf die Entwicklung der letzten Jahre drängt sich die Frage förmlich auf, ob das nun ewig so weitergeht. Experten scheinen sich nicht einig zu sein. Während einige denken, dass die medizinische Entwicklung fortschreitet, Erkrankungen heilt, die Lebensqualität steigert, meinen andere, dass ein natürlicher Endpunkt in Sicht ist. Die meisten körperlichen Funktionen erreichen ihren Höhepunkt bereits im Alter um die 20, danach beginnt der Verfall. So ist es nicht verwunderlich, dass nach der erfolgreichen Bekämpfung von Infektionskrankheiten die häufigsten Erkrankungen im Alter Schlaganfälle, Herzkreislauferkrankungen, Erkrankungen der Atemwege. Rückenleiden oder Unfallfolgen sind.

Biologisch hat sich in und an unserem Körper nichts verändert, lediglich die Umstände sind deutlich besser geworden. Und es gibt Krankheiten, die bei jedem Menschen irgendwann eine Rolle spielen, wie beispielsweise Krebs oder Demenz. Wenn die Medizin es schafft, auch diese erfolgreich zu bekämpfen, dann bleibt dennoch die unaufhörliche körperliche Degeneration. So scheint ein ewiges Leben in Gesundheit doch Science Fiction zu bleiben. Auf jeden Fall so lange, bis es zur Realität wird.