Zum Arzt gehen, ohne die eigenen vier Wände zu verlassen – könnte dies durch telemedizinische Services bald möglich sein? Zumindest in der Theorie existieren schon zahllose Möglichkeiten, allein, an der Umsetzung scheitert es bislang. Bis auf wenige Ausnahmen ist Telemedizin bisher nicht in der medizinischen Wirklichkeit angekommen. Das könnte sich aber schon bald ändern.
Am 27. Mai beschloss das Bundeskabinett in Berlin zwar das so genannte E-Health-Gesetz – nun sollen innerhalb der kommenden drei Jahre die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, medizinische Daten elektronisch übermitteln zu können – vorerst fallen darunter allerdings hauptsächlich die geplanten Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte. Das Gesetz könnte in Zukunft aber als Blaupause für ein Gesetz für Telemedizin dienen.
Telemedizin bringt den Arzt zum Patienten. Überall.
Telemedizin bietet besonders im ländlichen Raum eine Lösung gegen Versorgungsengpässe. Dort mangelt es insbesondere an Fachärzten, Patienten müssen bisher weite Wege in Kauf nehmen. Durch telemedizinische Konsultationen, eventuell in Anwesenheit des jeweiligen Hausarztes, kann die Expertise des Facharztes zum Patienten transportiert werden.
Die Onlinesprechstunde damit zu einer besseren Versorgung führen und die Ärzte und Patienten entlasten. Auch Hausbesuche ließen sich so vermeiden, wodurch im Gesundheitssystem Kosten eingespart werden können. Als Voraussetzung für die Onlinesprechstunde fordern Ärztevertreter, dass im Vorfeld mindestens ein persönliches Gespräch zwischen Arzt und Patient stattgefunden haben muss. Ein reiner Onlinekontakt sei nicht gewünscht.
Vorreiter im Bereich Telemedizin ist Schottland und setzt auf digitale Informations- und Kommunikationstechnologien, um dem steigenden Bedarf an dezentraler Gesundheitsversorgung zu begegnen. Dafür wurde der Dienst NHS 24 ins Leben gerufen, mit dem Gesundheitsleistungen auf digitalem Wege bereitgestellt werden. Er soll darüber hinaus die Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegeeinrichtungen und Gesundheitsorganisationen bei der Umsetzung der elektronischen, internetbasierten Gesundheitsversorgung unterstützen. Zusätzlich gründete die schottische Regierung das Scottish Centre for Telehealth and Telecare (SCTT), um die Telemedizin weiter voranzutreiben. Dazu zählt auch die intensive Erforschung der Telekonsultation.
Werden Ärzte überflüssig?
In Deutschland wird Telemedizin noch kritisch beäugt. Die Akzeptanzprobleme von Telemedizin sieht Günter van Aalst, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK) weniger bei den Patienten, sondern vielmehr bei den Leistungserbringern. Grund hierfür seien nicht zuletzt Fragen der Vergütung von telemedizinischen Leistungen. Er ist aber überzeugt, dass kein Arzt durch Telemedizin fürchten muss, überflüssig zu werden, so van Aalst gegenüber dem Ärztenachrichtendienst (änd).
Langfristig wird der deutsche Gesundheitsmarkt an Telemedizin nicht vorbeikommen, und sollte es auch nicht. Durch die Online-Konsultation kann die Versorgung verbessert werden, und zwar flächendeckend, nicht nur in städtischen Ballungsräumen. Für Ärzte besteht kein Grund, am Status Quo festzuhalten. Statt sich an der Regelung zur Vergütung festzubeißen sollten sie die mögliche Arbeitserleichterung bedenken. Letztendlich bietet die Online-Konsultation allen Beteiligten fast ausschließlich Vorteile. Es wäre vermessen, diese Möglichkeiten nicht zu nutzen.