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Viele Patienten in Deutschland sind täglich auf Hilfsmittel angewiesen. Seien es Hilfsmittel für Stoma- und Inkontinenzversorgung bis hin zu Orthesen und Hörgeräte, ohne derartige Produkte ist für viele ein vergleichsweise uneingeschränkter Alltag nicht vorstellbar. Allerdings ist es für die Betroffenen unabdingbar, stets schnell und unkompliziert die verordneten Hilfsmittel erhalten zu können. Das gestaltet sich allerdings zunehmend schwierig. Neben der teils fragwürdigen Erstattungspolitik der Kassen steigen immer mehr Apotheken aus der Hilfsmittelversorgung aus. Nicht immer befindet sich alternativ ein Sanitätshandel in unmittelbarer Nähe, so dass Patienten längere Wege oder alternative Beschaffungsquellen in Kauf nehmen müssen.

Hilfsmittel sind ein Wachstumsmarkt – Aber Apotheken machen nicht mit

Immer mehr Apotheken entscheiden sich, aus der Hilfsmittelversorgung auszusteigen. Die Gründe: Zu bürokratisch, zu aufwändig, finanziell wenig interessant. Im Rahmen eines Management-Kongresses der „Pharmazeutischen Zeitung“ gab Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, an, dass der Hilfsmittelmarkt zwischen 2008 und 2013 zwar von 5,71 auf 6,83 Mrd. Euro zugelegt habe, was einer Steigerung um rund 20 Prozent entspricht; Dennoch nimmt die Zahl der Apotheken in der Hilfsmittelversorgung seit 2007 stetig ab. Als Grund vermutet Froese, dass das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vielen Apothekern nachhaltig die Lust auf Hilfsmittel genommen habe. Dadurch seien Kollektivverträge und Festbeträge durch ungleich bürokratischere Beitritts- und Einzelverträge sowie Ausschreibungen ersetzt worden. Neben dem hohen Aufwand ließen sich durch Hilfsmittel kaum noch Gewinne erzielen.

Hilfsmittel werden durch den Arzt verordnet, das Rezept kann anschließend im medizinischen Fachhandel, also der Apotheke oder dem Sanitätshaus, eingelöst werden. Zur Einlösung sind nur solche Apotheken berechtigt, die in einem Vertragsverhältnis mit der jeweiligen (gesetzlichen) Krankenkasse stehen. Ferner müssen sie sich zuvor präqualifizieren lassen. Diese Qualifikation ist an spezielle Auflagen gebunden. Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz hat in der Hilfsmittelversorgung für die Apotheken zu Veränderungen geführt. Seither sollen die Versicherten einer Krankenkasse in der Regel nur noch von deren Vertragspartnern mit Hilfsmitteln versorgt werden. Seitdem reicht eine allgemeine Zulassung nicht mehr aus. Stattdessen müssen Apotheken nun über die Apothekerverbände Lieferverträge mit den einzelnen Kassen abschließen, um Hilfsmittel an ihre Kunden abgeben zu dürfen.

Die Konsequenzen tragen die Patienten

Die Summary Seven Healthcare Studie „Vertriebskanal Apotheke – Absatz von Hilfsmitteln“ befasst sich mit der Hilfsmittelversorgung über die Apotheke und den Veränderungen der letzten Jahre. Die Marktstudie bestätigt, dass für Apotheken der Beitritt zu Hilfsmittelverträgen durch die Teilnahme an Ausschreibungen, Vertragsgestaltungen etc. häufig mit einem administrativen Mehraufwand verbunden ist. Auch die verpflichtende Präqualifizierung kann einen Grund darstellen, warum einige Apotheken den Rahmenverträgen der Kassen nicht beitreten wollen. Dies führte letztendlich dazu, dass inzwischen ganze Apothekerverbände, beispielsweise in Bayern und Baden-Württemberg, aus Verträgen zur Hilfsmittelversorgung ausgestiegen sind.

Für viele Patienten bedeutet das, dass ihnen eine wichtige Bezugsquelle weggebrochen ist. die Hilfsmittelversorgung über die Apotheke hatte für sie insofern Vorteile, als dass die Apothekendichte mit wenigen Ausnahmen in Deutschland noch relativ hoch ist, höher zumindest als die der Sanitätshäuser. Zudem ist durch die Notdienste der Apotheken weitestgehend sichergestellt, dass auch am Wochenende oder in den Nachtstunden Hilfsmittel bezogen werden können. Dies können Sanitätshäuser und vor allem der Onlinehandel nicht leisten. Allzu schwarz malen sollte man die Situation allerdings auch nicht. Nicht alle Apotheken haben Hilfsmittel aus ihrem Sortiment gestrichen. Trotz niedriger Margen geben einige Apotheken noch immer Hilfsmittel ab, um sich von Wettbewerbern abzuheben und Kunden zu binden. Sollte der Gesetzgeber allerdings daran interessiert sein, dass sich Apotheken weiterhin an der Versorgung beteiligen, dürften diesen nicht noch weitere Steine in den Weg gelegt werden.