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Eine Analyse über Ausgaben der Pharmaindustrie, aber auch der Medizintechnikbranche hat gezeigt, dass hohe Summen für das Marketing von Produkten ausgegeben werden. Dabei zielt der größte Anteil des Marketings nicht in erster Linie auf potenzielle Patienten, vielmehr richtet sich ein Großteil der Marketingausgaben an die mehr als 16.000 Pharmavertreter oder gilt Ärzten und anderen Akteuren des Gesundheitswesens, die Medikamente verschreiben oder Operationen empfehlen. In den USA sind das allein schon 20 Milliarden Dollar, aber auch hierzulande ist das Geschäft mit Leiden, die zu therapiebedürftigen Krankheiten umdefiniert werden, groß, sodass Ausgaben für Pharmamarketing in Deutschland mittlerweile Ausgaben für Forschung und Entwicklung übersteigen. Weil die „fetten Jahre“ der Pharmafirmen vorbei sind und die Pharmaindustrie seit einiger Zeit in der Krise steckt, setzt die Branche vermehrt auf Nischenprodukte oder aber sie bewirbt mit sogenannten Awareness-Kampagnen Medikamente, um das Bewusstsein von Patienten für Krankheiten zu wecken, die aber eigentlich keine richtigen Krankheiten sind, damit neue Arzneimittel, die wenig geprüft sind, schneller zugelassen werden können. Innovative Arzneimittel, die zwischen 1970 und 1990 entwickelt und in den Markt gekommen sind und für große Gewinne der Pharmafirmen sorgten, sind bereits zum großen Teil entdeckt, sodass sich die Pharmaindustrie neue Marketingstrategien überlegen muss. Patienten – denn zu ihrem Wohl werden die Medikamente hergestellt – wünschen unabhängige Informationen, um Vorteile und Nachteile von Arzneimittel-Präparaten besser einschätzen zu können. Aber auch die Ärzte, die diese Arzneimittel mit einem guten Gewissen verordnen wollen, fordern unabhängig erstellte Angaben oder Informationen zum Nutzen oder Schaden der Arzneimittel, die sie verordnen. 

Quelle: Süddeutsche Zeitung