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Jahrelang haben Experten der Onkologie bezweifelt, dass Gentests zuverlässige Ergebnisse für die Entscheidung Chemotherapie Ja oder Nein liefern können. Aus diesem Grund werden die Kosten von etwa 3.000 Euro bislang auch nicht von den Krankenkassen in Deutschland übernommen. Das könnte sich allerdings bald ändern, weil aktuelle Studien aus den USA belegen, dass Gentests, im vorliegenden Fall der „Oncotype DX-Gentest“, in vielen Fällen Sicherheit bringen, dass eine Chemotherapie nicht unbedingt notwendig ist. Die Onkologen erkennen bislang an Eigenschaften des Tumors wie Tumorgrösse, am Ausmaß der betroffenen Lymphknoten und an vielem mehr, wie sie zu handeln haben, das heißt, ist eine Chemotherapie notwendig oder reicht eine Antihormontherapie. Aber auch hier gibt es immer mal wieder Unsicherheiten. Nun könnte der Gentest auch in Deutschland regelmäßig Anwendung finden, weil der Test die Aktivität von 21 Genen im Tumorgewebe bestimmen kann. Die Aktivität wird dann anhand einer Skala von 0 bis 100 eingeordnet. Hohe Werte sprechen dafür, dass der Krebs zurückkehren könnte und eine Chemotherapie sinnvoll wäre. Werte bis 10 sagen aus, dass keine Chemotherapie notwendig ist. Die meisten Ergebnisse fallen jedoch in den Graubereich zwischen 10 und 25, indem unklar ist, ob chemotherapeutisch behandelt werden muss. Forscher von verschiedenen anerkannten Instituten in den USA fanden in jahrelanger Forschung an 10.000 Brustkrebspatientinnen jetzt heraus, dass Frauen die auf der Werteskala zwischen 10 und 25 liegen, auf beide Arten der Behandlung gleich gut ansprechen. Die eine Hälfte der Frauen behandelten die Mediziner erst mit einer Chemotherapie und danach mit einer Antihormontherapie, die dafür sorgt, dass der Körper kein Östrogen produziert und die andere Hälfte nur mit einer Antihormontherapie. Beide Gruppen zeigten nach jahrelangen Forschungsarbeiten ähnliche Überlebenschancen und ähnliche Rückfallrisiken. Voraussetzungen für die Studie waren allerdings, dass der Tumor eine bestimmte Größe nicht überschreitet, noch keine Lymphknoten befallen hatte, der Tumor auf das Hormon Östrogen reagiert und keine HER2-Rezeptoren (Eiweißmoleküle), die für ein besonders großes Zellwachstum stehen, auf der Oberfläche des Tumors zu finden sind. Damit zeigt die Studie eindeutig, dass den Patienten dieser Tumorkategorie eine belastende Chemotherapie hätte erspart bleiben können. In schwierigen Situationen, in denen in Zukunft keine eindeutige Entscheidungshilfe vorhanden ist, könnte der Oncotype-DX-Gentest den Onkologen und auch den Patientinnen den Weg ebnen, denn jährlich erkranken 70.000 Frauen an Brustkrebs, viele auch an der frühen Form, die mit einem Gentest besser zu analysieren wäre. Noch dieses Jahr könnte eine Entscheidung fallen, ob die Krankenkassen den Test finanzieren, der im Moment noch privat bezahlt werden muss. Die Entscheidung pro Gentest ist dabei von der Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) abhängig.

Quelle: www.spiegel.de