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Was passiert, wenn Ärzte und Krankenhäuser abhängig vom Behandlungserfolg bezahlt werden? Kann so die Behandlungsqualität verbessert werden? Das Gesundheitssystem finanziell entlastet? Genau das erhofft sich wohl das amerikanische Gesundheitssystem durch die Einführung eines leistungsabhängigen Honorarsystems (Pay-for-Performance, kurz P4P). Für Medicare, die staatliche Gesundheitsversicherung für ältere und behinderte Bürger, gilt ab Anfang 2015: Je besser und effektiver Patienten behandelt werden, desto mehr Geld erhalten Ärzte und Krankenhäuser.

Erfolgsorientierte Prämien werden in den USA in Teilbereichen des Gesundheitssystems bereits seit 20 Jahren eingesetzt. Erst 2013 entschieden sich städtische Kliniken in New York, die Behandlung abhängig davon zu bezahlen, wie häufig sich Patienten beschweren und wie schnell sie gesund werden. Medicare schlägt nun einen ähnlichen Weg ein, wie der Wirtschaftsredakteur Patrick Bernau am 8. September in seinem Blog bei der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtet. Die Behandlung der Patienten, welche in vielen Fällen mehrere Krankheiten haben, soll möglichst gut und möglichst günstig sein. Was genau eine gute Behandlung ausmacht und wie Behandlungserfolg gemessen werden soll, werde von den Amerikanern noch diskutiert.

Auch in Europa werden in vielen Bereichen des Gesundheitssystems bereits P4P-Modelle eingesetzt, das umfangreichste Referenzprojekt wurde 2004 in Großbritannien eingeführt. Ziel war es, die hausärztliche Behandlungsqualität durch finanzielle Anreize zu verbessern. 99,8 Prozent der britischen Hausarztpraxen nahmen an dem Programm teil, welches für die Erfüllung von rund 150 Qualitätsindikatoren Extra-Gelder verteilt. So ambitioniert die Ziele  auch waren, über die Zeit zeigte sich, dass auch Missbrauch durch die Ärzte betrieben wurde. Diese lernten, die erfolgsabhängige Vergütungsstruktur für sich zu nutzen und entließen beispielsweise Bluthochdruckpatienten nach der Behandlung mit angeblich normalem Blutdruck. Nachmessungen durch unabhängige Ärzte zeigten jedoch, dass der Blutdruck der Patienten genau so hoch war wie vor der Behandlung. Auch in Deutschland wird seit einigen Jahren laut über die Einführung eines flächendeckenden P4P-Modells nachgedacht. Eine im Jahr 2012 vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene Studie zur Wirksamkeit und Machbarkeit einzelner bestehender Modelle kam allerdings zu dem Ergebnis, dass die Effektivität finanzieller Anreize bisher nicht nachweisbar ist.

 Kommentar: Die Ziele von P4P-Modellen liegen sowohl in der Verbesserung der Behandlungsqualität sowie in der Sanktionierung anhaltend defizitärer Versorgungsqualität bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung des Gesundheitssystems. In Deutschland existieren bereits einzelne Projekte auf Basis des P4P-Ansatzes. Trotz intensiver Erforschung des Themas mangelt es jedoch noch an allgemeinen Standards, nach denen Qualität und Behandlungserfolg definiert und dokumentiert werden können. Vor einem flächendeckenden Einsatz von P4P muss daher in diesem Bereich noch Entwicklungsarbeit geleistet werden. Weiterhin müssen Mechanismen entwickelt werden, welche einen Missbrauch eines solchen Honorarsystems ausschließen, um Fälle wie in Großbritannien zu verhindern. Dennoch kann P4P gegenüber Einzelvergütung medizinischer Leistungen oder Fallpauschalen helfen, Über- oder Unterversorgung zu reduzieren.

[ilink url=“http://blogs.faz.net/fazit/2014/09/08/so-bezahlt-man-aerzte-4564/“]Link zur Quelle (FAZ)[/ilink]