Seite wählen

Die gesetzliche Pflegeversicherung bietet pflegenden Angehörigen zahlreiche Unterstützungen, angefangen bei ambulanten Pflegediensten über Tagespflege bis hin zu Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Diese Angebote sind den meisten Angehörigen bekannt. Genutzt werden sie, abgesehen von ambulanten Pflegediensten, aber selten. Zu diesem Ergebnis kommt das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) in einer aktuellen Befragung im Rahmen des Pflege-Reports 2016. Gleichzeitig gibt ein Viertel der Pflegehaushalte, der keine Hilfen in Anspruch nimmt, an, genau diese Leistungen zu benötigen. Was läuft falsch im System?

Vielen seien die Angebote schlicht und einfach zu teuer, urteilt das WIdO im Report. Auch mangelnde Erreichbarkeit und schlechte Erfahrungen wirkten sich hemmend aus. Hauptgrund sei allerdings, dass zahlreiche Pflegebedürftige nicht von fremden Personen gepflegt werden möchten. Antje Schwinger, Pflegeexpertin des WIdO und Mitherausgeberin des Reports, sieht Handlungsbedarf: „Wir müssen die Bedürfnisse der Betroffenen noch besser verstehen und gleichzeitig mit guter Beratung und niedrigschwelligen Angeboten überzeugen. Allerdings zeigt sich hier auch ein tief sitzendes Selbstverständnis von familiärer Pflege, in das Pflichtgefühl und Scham mit hineinspielen.“

Auch die Beratungsangebote der gesetzlichen Pflegeversicherung werden nur von weniger als einem Drittel der Pflegenden in Anspruch genommen. Gleichzeitig gaben drei Viertel der Nutzer von Beratungsgesprächen an, dass ihnen diese geholfen haben. Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbands, sähe gerne eine Straffung bei den Regelungen: „Die Pflegeversicherung hat sich bewährt. Aber wir müssen ihre Leistungen noch einfacher und Flexibler gestalten.“ Besonders bei Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege sieht er Potenzial: „Statt hier zwei verschiedene Regelungen und Budgets vorzusehen, sprechen wir uns für die Bündelung aus. Es geht um 3.224 Euro für 14 Wochen je Kalenderjahr. Pflegende Angehörige wissen selbst am besten, wie sie während einer Auszeit das Geld am sinnvollsten einsetzen können.“

Kommentar: In Zahlen ausgedrückt wird schnell deutlich, welche Leistungen Angehörige in der Pflege erbringen. Nimmt man den aktuellen Mindestlohn und multipliziert ihn mit der Stundenzahl, die die Angehörigen aufwenden, ergibt sich ein Betrag von rund 37 Mrd. Euro pro Jahr, um den wiederum die Pflegekassen entlastet werden. Dieser übersteigt die jährlichen Einnahmen der Pflegeversicherung von 26 Mrd. Euro deutlich.

[ilink url=“http://www.wido.de/meldungakt+M5b0ea714b0a.html“] Link zur Quelle (WIdO)[/ilink]