Seite wählen

Seit Jahren ist bekannt, dass die Pflegebranche in Deutschland ein Nachwuchsproblem hat. Die Politik ist bemüht, durch Anreizprogramme und Investitionen dafür zu sorgen, dass sich wieder mehr Menschen für eine Arbeit als Pflegekraft entscheiden. Doch eine quantitative Lösung, also ein Aufstocken der Vollzeitstellen, ist allein keine Lösung. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Report des Picker Instituts.

Der diesjährige Picker Report untersucht die Zusammenhänge zwischen Personalmangel in der Pflege und der Versorgungsqualität in Krankenhäusern im Rahmen der Frage: Sind die über die vergangenen Jahre veränderten Rahmenbedingungen „nur“ eine Mehrbelastung für die Pflegekräfte oder haben sie auch Konsequenzen für die Patienten? Diese Frage müsse, leider, mit einem „ja“ beantwortet werden.

Seit 1996 seien in deutschen Krankenhäusern rund 36.800 Vollzeitstellen im Pflegedienst gestrichen worden (minus elf Prozent). Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der behandelten Fälle um knapp 20 Prozent, wobei die durchschnittliche Verweildauer um fast ein Drittel sank. Dies führte zu einer steigenden Belastung der Pflegekräfte. Studien deuten darauf hin, dass auch die Behandlungsergebnisse schlechter sind, wenn eine Pflegekraft sehr viele Patienten versorgen muss. Ein Zusammenhang zwischen Personalmangel und der Sterblichkeit sowie der Häufigkeit von Todesfällen nach Komplikationen konnte ebenfalls bestätigt werden.

Maria Nadj-Kittler, Geschäftsführerin des Picker Instituts: „Der (erneute) Vorstoß der Politik, mit einem Pflegestellen-Förderprogramm für Entlastung zu sorgen, ist so falsch wie hilflos. Die Forschung der letzten Jahre hat klar gezeigt, dass die rein quantitative Aufstockung des Personals – die teuerste Variante zur Verbesserung der Versorgung – verpufft, wenn sich nicht mindestens gleichzeitig auch die Arbeitsbedingungen verbessern.“ Dazu zählen laut Picker Report Unterstützung der Pflege durch Führungskräfte, gute Zusammenarbeit mit Kollegen, ein hoher Stellenwert von Pflegequalität sowie angemessene Präsenz und Partizipation der Pflege auf mittlerer und oberer Führungsebene.

Kommentar: Angesichts dieser Ergebnisse erscheint der Vorstoß der Koalitionsfraktionen, das Klinikbudget für Pflegepersonal um 500 Mio. Euro aufzustocken, wie ein Schnellschuss. So könnten zwar mehr Pflegekräfte eingestellt werden, was theoretisch zu einer sinkenden Arbeitsbelastung führen könnte. Das allein kann aber noch keine Lösung des Problems sein. Um langfristig überhaupt mehr Menschen für die Arbeit zu begeistern, müssen die Arbeitsbedingungen auf den Prüfstand. Das bisherige Berufsverständnis als niedrige Tätigkeit ist zum Glück ein Auslaufmodell. Dies wird auch durch die zunehmende Akademisierung deutlich.

[ilink url=“http://www.pickerinstitut.de/picker-report-2015-veroeffentlicht.html“] Link zur Quelle (Picker-Institut)[/ilink]