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In der jordanischen Hauptstadt Amman ist 2006 ein Projekt der privaten Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ gestartet, das sich auf die Wiederherstellungschirurgie von Kriegsverletzten aus umkämpften Nachbarländern spezialisiert hat. Die rekonstruktiven chirurgischen Maßnahmen und die orthopädische Rehabilitation sind in Jordanien einzigartig. Brüche, (Brand-)Verletzungen, Schäden an Gesicht, Ober-und Unterkiefer, werden dort in einer spezialisierten Behandlung über eine lange Zeit orthopädisch und plastisch versorgt. 50 der 200 Patienten sind Kinder; sie kommen auch aus Jordanien, werden dann aber im häuslichen Umfeld nachversorgt. Das Team der Ärzte ohne Grenzen besteht auch aus Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und aus einem Orthopädietechniker, die, im Team zusammenarbeitend, Extremitäten im 3D-Drucker anfertigen. Allerdings stehen fünf dieser Geräte nicht in Amman im „Reconstructive Surgery Hospital“, in dem die Versehrten der Kriege behandelt werden, sondern in der 90 Kilometer entfernten Stadt Irbid, in die die Physiotherapeutin Samar Ismail den Datensatz des 3D-Modells der Extremitäten der Betroffenen digital übermittelt. Das Team des Krankenhauses in Amman hat sich auf die Anfertigung der oberen Extremitäten, wie Arme und Hände, spezialisiert und versucht die abgetrennten und verstümmelten Körperteile so gut es geht nachzubilden. Vor allem für die Kinder ist dies ein enormer Fortschritt, um nicht beim Spielen ausgegrenzt zu werden. Die anzufertigende Prothese besteht aus drei Teilen, die miteinander verbunden werden. Die Prothese besteht aus einem Sockel und einer sogenannten Vorhand, das ist das Mittelteil der Prothese, das mit dem Sockel verklebt wird, nachdem beides angepasst und final gedruckt wurde. An dieses Element werden mechanisch unterschiedliche Handformen angeschraubt, je nachdem, was der Prothesenträger mit der künstlichen Hand machen möchte. Deshalb bekommt der betroffene Versehrte auch gleich zwei bis drei Hände zugeteilt, bei denen die Finger je nach individuellem Bedarf unterschiedlich geformt sind. Gibt es noch eine unversehrte Hand, so dient diese als Vorlage für die zerstörte Hand durch Bomben, Raketen und Minen. Diese wird dann gescannt, gespiegelt und aus dem Datensatz der Kunstoffhandersatz gedruckt. Nach der Anpassung der Prothese, aber auch schon vorher, arbeitet der Patient mit Unterstützung einer Ergotherapeutin mit Geschicklichkeitsübungen und am Muskelaufbau, um auf die neue Situation vorbereitet zu sein. Für alle vom Krieg Versehrten und auch für verletzte Einheimische ist die Klinik in Jordanien ein großer Segen, zumal die Prothesenherstellung nicht nur mit 70 Euro sehr günstig ist, sondern auch nur eine geringe Herstellungszeit in Anspruch nimmt. 

Quelle: www.faz.net