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Krankenkassen verschwenden nach Recherche von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung Gelder ihrer Versicherten für Zusatzverdienste von Radiologen, wenn diese bestimmte Arzneimittel wie Röntgenkontrastmittel billig bei Pharmafirmen einkaufen und teuer mit den Krankenkassen der Versicherten abrechnen. Zahlreiche Bundesländer, darunter Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Niedersachsen, haben darauf reagiert und Kürzungen der Pauschalen angeordnet. Lukrative Nebenverdienste von bis zu 100.000 Euro pro Tomograf und Jahr waren für Radiologen die Regel. Die Kontrastmittel ermöglichen in zahreichen Untersuchungen im Kernspin (MRT) und im Computertomografen (CT) die Verbesserung der Aufnahmequalität. Allerdings haben die möglichen Gewinne über die Kontrastmittel-Abrechnung auch den Anreiz für Radiologen geboten, mehr Kontrastmittel als nötig einzusetzen, was zur Empörung in der politischen Debatte führte, denn die Mittel sind im Einzelfall allergieauslösend und können zu schweren Nebenwirkungen führen. Rechnungen von Pharmaunternehmen und Lieferscheine an Arztpraxen führten dazu, dass der hohe Zusatzverdienst der dieser Fachärzte ans Tageslicht kam. Kürzungen der Pauschale gibt es mittlerweile in einigen Bundesländern. Die AOK Westfalen-Lippe spricht von einer Halbierung der Pauschale bei MRT-Untersuchungen für diese Kontrastmittel. Hier wird es auch demnächst Ausschreibungen geben, damit der billigste Anbieter den Zuschlag erhält. In Hamburg und Niedersachsen wurden die Pauschalen auch schon um 30 bis 35 Prozent gesenkt. Die konsequenteste Linie verfolgt das Bundesland Bayern, das als Erstes im Oktober 2019 die Pauschalen gekürzt hat, und zwar drastisch. Ein Liter Kontrastmittel kostet seitdem für MRT-Untersuchungen nur noch 970 Euro. Vorher bezahlte die AOK die stolze Summe von 3900 Euro. Auch die CT-Kontrastmittelpauschale ist von 470 Euro auf 110 Euro für den Liter gesunken. Die Radiologen verdienen nach Aussagen von Experten der Recherche aber immer noch genug mit der Verabreichung dieser Arzneimittel. Die Krankenkassen haben danach Ersparnisse von 50 Millionen Euro pro Jahr. Einige Gutachter schätzen die Kostenersparnisse sogar weitaus höher ein, weil Krankenkassen einiger Bundesländer sich auf „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ berufen. Die Politik fordert daher auch mehr Transparenz, um den Schaden für die Allgemeinheit aufzudecken.  

Quelle: Süddeutsche Zeitung