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Fresenius, Betreiber der Helios-Kliniken, ist dabei, Deutschlands größten privaten Klinikkonzern aufzubauen. Dazu sollen die Rhön-Kliniken übernommen werden. Hintergrund der Übernahmestrategie ist der Ausbau weiterer Medizinischer Versorgungszentren (MVZ). Sie sind ein sektorenübergreifendes Modell zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Die Helios-Gruppe besitzt erst 30 dieser Versorgungszentren, während die Rhön-Gruppe 39 in eigener Trägerschaft vorweisen kann. Die Geschäftsführer des MVZ-Bundesverbandes vermutet, dass noch viele Neugründungen hinzukommen werden, insofern sich Helios der MVZ-Strategie von Rhön anschließen wird.

Niedergelassene Ärzte sehen hingegen einen Einschnitt bei ihrer Verdienstquelle. Die Zentren lockten ambulante Patienten an, operierten sie dann in den Trägerkliniken und behandelten sie postoperativ ebenfalls in ihren MVZ. Durch ein schickes Design, teure Ausstattung und Leistung aus „einer Hand“ können MVZ leicht Patienten abgreifen. Dabei kommt der ökonomische Aspekt nicht zu kurz: Private und gesetzliche Krankenkassen favorisieren die effzienten und kostensparenden Versorgungszentren und schicken vermehrt ihre Patienten dorthin.

Kommentar: Schon länger ist bekannt, dass MVZ die konkreten Grenzen der sektoralen Trennung in Deutschland verwischen. Denn genau das war auch die Intention der Gesetzesreform 2004. Nur für welchen Markt werden sie jetzt, da sie immer größer an der Zahl werden, zu Konkurrenten? Unter Trägerschaft eines Krankenhauses (in diesem Fall der Helios-/Rhön-Kette), treten sie in starken Wettbewerb zu den niedergelassenen Ärzten. Daher gilt es, für diese eine adäquate Strategieantwort auf die besonderen Vorteile der Versorgungszentren, wie die Vermeidung von Doppeluntersuchungen, die Verkürzung der Wartezeiten und die Erhöhung der Behandlungstransparenz, zu entwickeln. So gesehen, sind die Niedergelassenen mit einem wieder erhöhten Effizienz- und Kostendruck konfrontiert, wollen sie wettbewerbsfähig bleiben.

Quelle: Wirtschaftswoche, 07.05.2012, Nr. 19