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In Schottland, im nördlichsten Teil Großbritanniens, werden regelmäßige statistische Erhebungen über die Entwicklung von Armut in nicht so privilegierten Gegenden veröffentlicht. Diesmal hat Dr. Nazir Lone von der University of Edinburgh während der ersten Welle der Corona-Pandemie das Infektions- und Sterberisiko in ärmeren Gegenden Schottlands untersucht. Dabei ist er zu dem Schluss gekommen, dass sich Menschen aus ärmeren Wohngebieten doppelt so häufig mit dem Sars-CoV-2-Virus infizieren und sterben als Menschen, die in reicheren Wohnorten leben.

Die Gründe hierfür sind aber laut Studie „Scottish Index of Mutiple Deprivation“ nicht nur im Mangel an Intensivbetten zu suchen. Vielmehr spielen Lone zufolge andere Parameter, aber darunter vor allem Gesundheitsaspekte, eine Rolle. Häufigere kardiovaskuläre Erkrankungen, aber auch Diabetes, Atemwegserkrankungen und vermehrt andere Begleiterkrankungen geben den Ausschlag, warum das Infektions- und Sterberisiko in ärmeren Gegenden so groß ist. In der Statistik sind demnach weitere Parameter wie Einkommen, Beschäftigung, Bildung, Qualifikation, Ausbildung, Haushaltsgröße, Infrastruktur sowie Kriminalität berücksichtigt worden. Ein Index beschreibt das Ausmaß der Deprivation, das heißt, den Zustand von Entbehrung, Entzug, Verlust und Isolation sowie das Gefühl von Benachteiligung aufgeteilt nach fünf gleich großen Gruppen von Intensiv-Covid-Patienten (Quintile) unterschiedlichster Herkunft. Je höher der Index, desto benachteiligter ist die Gruppe der Menschen, die in der untersuchten Gegend wohnt.

735 Patienten mit einer Covid-19-Erkrankung auf Intensivstationen waren die Probanden. Es zeigte sich, dass 24,9 Prozent aus dem Quintil mit dem höchsten Deprivations-Index stammten, während nur 13,6 Prozent aus dem Quintil der am wenigsten benachteiligten Gegend stammten. Beengte Lebensverhältnisse mit wenig Distanz, weniger Menschen im Home-Office aus ärmeren Gegenden, wo die Bevölkerung hauptsächlich manuellen Tätigkeiten nachgeht, und eine vermehrte Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sind auch Aspekte, warum dort mehr Menschen erkranken und sterben. Der schlechtere Gesundheitszustand im Hinblick auf bespielweise Diabetes (15,3 versus 9 Prozent) und Atemwegserkrankungen (13,1 versus 4 Prozent) sind auch ein beispielhafter Grund für die Übersterblichkeit. Gemutmaßt wird aber auch eine schlechtere Krankenversorgung und tatsächlich laut Analyse überlastete Intensivstationen.  

Quelle: aerzteblatt.de