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Zur Zeit ist die Abschaffung der privaten Krankenversicherung (PKV) ein Streitthema zwischen Experten, die das duale Krankenversicherungssystem gut einschätzen können, denn eine Studie des Iges-Instituts, die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, beurteilt die Spaltung der deutschen Versicherten in zwei Lager – Privatversicherte mit 8,8 Millionen Menschen und GKV-Mitglieder mit derzeit 73,2 Millionen – als nicht mehr zeitgemäß. Aufgrund von Wiederholungsbefragungen in rund 12.000 Haushalten ist das Umfrageergebnis so, dass wenn alle Bürger Deutschlands gesetzlich krankenversichert wären, die Krankenkassenbeiträge deutlich sinken könnten. Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass dann 145 Euro pro aktuellem Mitglied in der GKV eingespart werden könnte. Allerdings müssten hierfür Angehörige privater Krankenkassen in die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) aufgenommen werden, denn gut Verdienende und Selbstständige, aber auch Beamte der PKV, die im Schnitt mehr verdienen und auch noch gesünder sind, das ergab die Studie, könnten den derzeitigen Beitragssatz um 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte deutlich sinken lassen. Der Nettofinanzüberschuss würde dann pro Jahr zwischen 8,7 und 10,6 Milliarden Euro betragen. Eine Abschaffung der PKV wünschen allerdings nicht alle Kenner der Branche, wie zum Beispiel der dbb-Chef Ulrich Silberbach, der die Abschaffung des dualen Systems, das in Europa einzigartig und „eines der besten der Welt“ ist, nicht begrüßt.  Stiftungsmitglied und Gesundsheitsexperte Stefan Etgeton kritisiert genau wie Stiftungsvorstand Brigitte Mohn, dass die Aufspaltung den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft schwächt, weil gerade Gutverdiener sich dem Solidarausgleich entziehen würden. Kritik wird auch an der regionalen Verteilung Privatversicherter in Kombination mit gehäuften Niederlassungen von Ärzten geübt, wie das Beispiel Bayern zeigt, wo viele Ärzte auf engem Raum Arztpraxen haben. Würde man den Honorarverlust bei zweieinhalbfacher Vergütung durch Privatversicherte ausgleichen, könnte man einen noch niedrigeren Beitragssatz um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte erzielen, so das Fazit der aktuellen Studienlage. Die Kassenbeiträge dürfen demnach in Zukunft nicht mehr das individuelle Gesundheitsrisiko berücksichtigen, sondern die finanzielle Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Versicherten, so das Resümee der Bertelsmann-Stiftung. 

Quelle: Stern