Seite wählen

Dr. Heinz Rothgang, der unter anderem Professor für Gesundheitsökonomie an der Universität Bremen ist, hat in seiner Studie, die von der SPD-nahen Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde, darauf hingewiesen, dass „in der Pflege ein deutlicher und dringender Reformbedarf“ besteht. Zusammen mit Ko-Autor Dominik Domhoff weist er auf die nicht „ausgewogene Lastenverteilung“ zwischen gesetzlich und privat Versicherten hin und plädiert für eine sogenannte Bürger-Vollversicherung oder auch Pflege-Bürgerversicherung, die eine Art Vollkasko-Charakter haben soll. Die Zusammenführung der beiden Versicherungssegmente, gesetzlich und privat, hält der Ökonom demnach für sinnvoll. Ausserdem müssten neben den Erwerbseinkommen, Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Gewerbebetrieben mit herangezogen werden, damit die soziale Komponente zur Finanzierung der Pflege stärker Beachtung fände, so Rothgang. Er und der kommissarische SPD-Parteivorstand begrüßen einen sogenannten Sockel-Spitze-Tausch. Die Eigenanteile in der stationären Pflege würden demnach erst abgesenkt und dann eingefroren. Die Kompensation des Ganzen sollte durch Zuschüsse durch Steuern und steigende Beiträge getragen werden. Dann folgt der nächste Schritt, die Einführung der Bürgervollversicherung, bei der die derzeitig zu zahlenden Anteile als Eigenleistung wegfallen würden, denn momentan müssten Menschen für stationäre und ambulante Pflegeleistungen laut Rothgang-Studie 8,5 Millionen Euro in Eigenleistung stemmen. 37 Prozent aller 900.000 stationären Heimbewohner können die Eigenleistungen nicht mehr zahlen und sind demnach auf Sozialhilfe angewiesen. Deshalb rät Rothgang zur Reform der Pflegeversicherung auf diesem Weg. Der Vorschlag wird allerdings von der CDU abgelehnt. Eigenanteile müssten heruntergeschraubt werden, aber nicht mit Hilfe einer Vollkasko-Versicherung, wie Rothgang es bevorzugt, sondern beispielsweise mit einer Lösung, die die Länge der Pflegebedürftigkeit in Pflegeheimen betrachtet. Die CDU kritisiert zudem, dass die Bundesländer ihren Investitionsverpflichtungen in der stationären Pflege nicht nachgekommen sind.

Quelle: Ärztezeitung