Seite wählen

Großangelegte Razzien wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug mit Zytostatika haben Menschen in Deutschland, vor allem aber Betroffene, die von der Versorgung mit zytostatischen Therapien beziehungsweise Chemotherapeutika abhängig sind, wiederholt aufschrecken lassen. Durchsucht wurden demnach Privathäuser, Arztpraxen, Apotheken, ein Krankenhaus, und mehrere Firmensitze in Hamburg, um genauer zu sein, 47 Objekte nicht nur in Hamburg, sondern auch in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen. Ärzte, Apotheker und zwei Geschäftsführer von Pharmafirmen gehören zu den Beschuldigten. ZytoService, 2002 gegründet und 2017 mit rund 425.000 parenteralen Zubereitungen, einer der Marktführer, gehört ebenfalls zu den Beschuldigten. Das Unternehmen hat 300 Mitarbeiter und verfügt allein in Hamburg-Jenfeld über 500 Quadratmeter Reinraumfläche, die zur Herstellung steriler Zytostatika notwendig ist. Die Durchsuchung wurde von der Wirtschaftsstaatsanwaltschaft angeordnet, nachdem offenbar illegale Geschäftsmodelle durch Bestechung und Betrug vermutet wurden. ZytoService soll demnach Ärzte bestochen haben, um von diesen an lukrative Rezepte zu gelangen. Rückzahlungsfreie Darlehen, die Nutzung sehr teurer Fahrzeuge oder andere lukrative Geldzuwendungen, wie Einrichtungen von Arztpraxen, wurden im Gegenzug versprochen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Auch eine „Apotheke aus dem Umfeld“ von ZytoService soll in den Skandal verwickelt sein. Apotheker wurden angeblich durch finanzielle Vorteile geködert, auch Ärzte wollte ZytoService, so der Vorwurf, auf diese Weise an sich binden. Den Krankenkassen ist so ein immenser Schaden zugefügt worden. Die Techniker Krankenkasse (TK) allein meldet schon einen Schaden von 8,6 Millionen Euro, umgerechnet auf alle Kassen sind dies dann vielleicht hohe Millionenbeträge. Die DAK hat vor diesem Hintergrund extra eine Hotline eingerichtet, die Menschen mit Krebstherapien informiert, damit diese genau wissen, welche Auswirkungen der Skandal auf die Arzneimittelversorgung hat. Auch wurde das Unternehmen, die GHD GesundheitsGmbH Deutschland-Tochter Profusio, in Leipzig, Haan und München übernommen, um (seit Februar 2018) Menschen mit patientenindividuellen Zytostatika-Zubereitungen deutschlandweit schnellstmöglich zu versorgen. 450 Mitarbeiter konnten so alle Apotheken hierzulande innerhalb von vier Stunden versorgen. Inwieweit sich der Zyto-Skandal auf die Bevölkerung auswirkt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Andere Anbieter, aber auch Zytostatika-versorgende Apotheken, könnten in Bedrängnis geraten, so die Schätzungen von Branchenkennern. „Normale“ Apotheken vor Ort haben kaum Chancen, die sterile Herstellung von Zyto-Präparaten anzubieten, da die Reinraum-Herstellung als aufwendig, teuer und auch riskant gilt. 

Quelle: Deutsche Apothekerzeitung