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Wenig Sport und Bewegungsmangel durch den Job am Schreibtisch, das ein oder andere Pfund zuviel auf den Rippen: All das kann bekanntermaßen dazu führen, dass mittlerweile rund jeder zweite Deutsche „Rücken“ hat. Nehmen die Schmerzen Überhand, empfehlen Ärzte nicht selten eine Operation. In den meisten Fällen könnten die Schmerzen allerdings auch mit konservativen Methoden behandelt werden. Das verdeutlicht ein Modellprojekt der Techniker Krankenkasse (TK).

Schmerzhafte Erkrankungen der Wirbelsäule gehören inzwischen zu den häufigsten Einzeldiagnosen und Operationsgründen in Deutschland. Allein im Jahr 2013 wurden mehr als 620.000 Patienten aufgrund von Wirbelsäulenerkrankungen vollstationär aufgenommen. Dass nicht alle Eingriffe medizinisch notwendig sind, ist kein abwegiger Gedanke. Wie viele der Eingriffe aber vermutlich durch alternative Methoden ersetzt werden könnten, ist atemberaubend. Wie die TK kürzlich berichtete, habe eine aktuelle Auswertung des Modellprojekts „Zweitmeinung vor Wirbelsäulen-Operationen“ gezeigt, dass sich 85 Prozent der Eingriffe nach einer Zweitmeinung als unnötig herausgestellt hätten.In diesen Fällen hätte ebensogut auf konservative Behandlungsmethoden wie beispielsweise Krankengymnastik zurückgegriffen werden können.

Klaus Rupp von der TK: „Die zweite Meinung nutzt den Patienten. Ihnen bleiben Klinikaufenthalte und Operationsrisiken wie Nerven- und Gefäßschädigungen oder Narbenprobleme und Verwachsungen erspart.“ Die Ergebnisse des Projekts haben den Gesetzgeber überzeugt: Im Rahmen des anstehenden Versorgungsstärkungsgesetzes soll ein geregeltes Zweitmeinungs-Verfahren verankert werden. Patienten sollen damit bei bestimmten operativen Eingriffen grundsätzlich die Möglichkeit haben, sich bei einem unabhängigen Experten eine zweite Meinung einzuholen. Rupp denkt dabei insbesondere an Gelenkoperationen und planbare kardiologische Eingriffe. Die geplante Frist von zehn Tagen vor dem Eingriff hält er allerdings für zu kurz. Rupp: „Für den Patienten kann es dadurch schwierig werden, sein Recht auf eine Zweitmeinung wahrzunehmen. Es ist zu überlegen, die Frist auf vier Wochen zu verlängern.“

Kommentar: Die Untersuchung zeigt: Es wird in vielen Fällen zu schnell die Entscheidung zugunsten einer Operation getroffen. Dabei kann bisher allerdings nicht abschließend geklärt werden, warum das so ist. Liegt es am wirtschaftlichen Kalkül der Ärzte oder der Ungeduld der Patienten, die schnell Ergebnisse sehen wollen und nicht bereit sind, wochen- oder sogar monatelang in physiotherapeutischer Behandlung zu sein? Beide Fälle könnten durch die flächendeckende Einführung des Zweitmeinungs-Prinzips eingedämmt werden.

[ilink url=“http://www.tk.de/tk/pressemitteilungen/gesundheit-und-service/701712″] Link zur Quelle (TK) [/ilink]