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Auf dem Hauptstadtkongress „Medizin und Gesundheit 2014“ in Berlin hat sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nochmals für den Aufbau einer IT-Struktur für die elektronische Gesundheitskarte ausgesprochen. So kündigte er sogar an, einen entsprechenden Gesetzesentwurf eines sog. E-Health-Gesetzes vorzulegen, um die Maßnahme voranzutreiben. Eine per Gesetz ins Leben gerufene Telematikstruktur solle nicht nur die Praktikabilität der elektronischen Gesundheitskarte unterstützen, sondern auch weiteren Anwendungen zugänglich sein. „Wie ein Straßennetz soll die Telematikinfrastruktur die Beteiligten im Gesundheitswesen verbinden, damit die medizinischen Informationen, die für eine Behandlung wichtig sind, schnell, sicher und unbürokratisch ausge­tauscht werden können“, schilderte Gröhe seine Vision von der Telematik.

Wichtigstes Element der elektronischen Gesundheitskarte sind nach Einschätzung Gröhes Notfalldaten und der bisherige Medikationsstatus eines Patienten, um etwa ganz schnelles Handeln im Falle eines Unfalls zu ermöglichen. Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sowie die der entsprechenden IT-Infrastruktur soll durch eine Zusammenarbeit von Krankenkassen und Ärzten, Kliniken, Apothekern und der Industrie gewährleistet werden. Unglücklicherweise gelangten die Parteien bisher noch nicht auf einen gemeinsamen Nenner. So warfen die Kassen den Ärzten vor, dass Projekt zu blockieren; die KBV will aus Sicherheitsgründen ein eigenes Netz für die erforderlichen Gesundheitsdaten.

Die Bundesregierung hält diese Interessenkonflikte angesichts von Größe und Ausmaß des Projektes für unausweichlich. Etwa 900 Mio. Euro sind bisher schon in die Entwicklung von Karte und Infrastruktur investiert worden. Die Übermittlung elektronischer Fallakten soll in etwa 2018 starten.

Zwar steht die Bundesregierung hinter dem Bundesgesundheitsminister, kritische Meinungen dagegen kommen aber von den Grünen, die zumindest den Datenschutz bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte unbedingt gewährleistet wissen wollen. Die NSA-Affäre sei Argument genug dafür, dass die Entwicklung der Telematik- Infrastruktur nicht in Zweifel gezogen werde, so die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink. Die Linke lehnt die elektronische Gesundheitskarte vollständig ab. Für die Linke-Expertin Kathrin Vogler droht das Projekt  elektronische Gesundheitskarte zu einem „Milliardengrab“ zu werden, da für sie Verbesserungen bei der Patientenversorgung noch nicht absehbar sind, äußerte sie sich in einem Interview der dpa.

Tatsächlich sind einige Fakten zugunsten der elektronischen Gesundheitskarte sicherlich nicht von der Hand zu weisen. So werden immer mehr Daten in der Medizin digital erhoben und verwaltet. Analoge Karteikarten und das Röntgenbild auf dem Film haben überwiegend schon ausgedient. Die Zahnmedizin und die MKG-Chirurgie sind hier gerade in der vernetzten Anwendung digitaler Verfahren bereits erste Vorbilder. Darüber hinaus sind weitere Entwicklungen absehbar. Dies spricht auch aus unserer Sicht dafür, die elektronische Gesundheitskarte nicht gleich zu begraben, aber dennoch auch nicht einzuführen, bevor die Telematikstruktur nicht lückenlos geschaffen ist. Erste Testphasen laufen bereits.