Immer wiederkehrende Honorarforderungen der Ärzteschaft sind grundsätzlich nichts Neues. Nun scheint aber eine erhebliche Meinungsverschiedenheit zwischen der Ärzteschaft der niedergelassenen Kassenärzte und den Krankenkassen zu bestehen. „Unglaublich“ lautete die wortwörtliche Reaktion des GKV-Spitzenverbandes auf die Forderung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nach Anhebung der Honorare um fünf Mrd. Euro. Dies vor allem auch deshalb, weil die Ärzteschaft einräumte, dass sich an langen Wartezeiten für Arzttermine nichts ändern ließe. Im Übrigen seien die Verhandlungen aber sachlich und nüchtern geführt worden.
In Zahlen ausgedrückt würde das Fünf-Mrd.-Plus auf das ärztliche Honorar bezogen 15 Prozent mehr für das kommende Jahr bedeuten. Dies entspräche im Durchschnitt 38.000 Euro mehr für jeden Vertragsarzt und Vertragspsychotherapeuten. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass das Statistische Bundesamt von 166.000 Euro Praxisüberschuss ausgeht. Addiert man diesen mit den aktuellen Forderungen der Ärzteschaft, steigt das durchschnittliche Honorar pro Vertragsarzt auf über 200.000 Euro, so der GKV-Spitzenverband. Die Ärzte halten diese Berechnung für falsch. Der vom Statistischen Bundesamt errechnete Überschuss umfasse auch Privateinnahmen.
KBV-Chef Dr. Andreas Gassen konkretisierte die Forderungen hinsichtlich ihrer Zusammensetzung. So solle die Budget-Begrenzung aufgehoben und höhere Ärzte-Vergütungen geleistet werden. Als Richtwert gab er dafür das Gehalt eines Oberarztes an. Dies liege bei etwa 133.000 Euro im Jahr. Er rügt zugunsten der Ärzteschaft, dass durch das bestehende Vergütungssystem etwa zehn Prozent der ärztlichen Leistungen nicht abgegolten werden. Das entspreche als Beispiel für das Jahr 2013 einem Betrag von 2,3 Mrd. Euro. Zudem gibt er zu bedenken, dass die allgemeinen Kosten durch die Inflation um 8,2 Prozent gestiegen sind und nun ausgeglichen werden müssten. Andreas Gassen verhandelt für die Interessen von etwa 150.000 niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten, von denen 130.000 eine eigene Praxis haben. Wohingegen etwa 20.000 Ärzte in einem Angestelltenverhältnis arbeiten.
Erst im vergangenen Jahr hatten die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten ein Honorar-Plus von 800 Mio. Euro ausgehandelt. Auch wenn aktuell gerade die Höhe der Forderungen der Ärzteschaft bei dem GKV-Spitzenverband für Aufregung sorgt, so ist zu sagen, dass weitere Honorarforderungen der Ärzte grundsätzlich nicht überrraschend kommen. Bei den Analysen der finanziellen Situation des Gesundheitswesens sind steigende Honorarforderungen der Ärzte grundsätzlich immer mitberücksichtigt worden.
Dabei sollte vor Augen gehalten werden, dass die ärztliche Behandlung neben der Krankenhausbehandlung und den Arzneimittelkosten ohnehin einen der drei größten Kostenblöcke des Gesundheitssystems bildet. Im Vergleich zu dem Anstieg der Kosten für Krankenhausbehandlungen (22,3 Prozent im Jahr 2013), fiel der Kostenanstieg bei ärztlichen Behandlungen aber mit 4,2 Prozent in 2013 noch sehr human aus und lag unter dem GKV-Niveau.
Vor diesem Hintergrund wird möglicherweise bei den Diskussionen viel heißer gekocht als letztendlich gegessen wird. Vor September 2014 ist jedoch nicht mit einer konkret ausgehandelten Honorarerhöhung zu rechnen. Nach den teilweise drastischen Erhöhungen in den Vorjahren dürfte das endgültige Ergebnisse der Verhandlungen jedoch deutlich unter den Forderungen der Ärzteschaft liegen.