Seite wählen

Das Bundesgesundheitsministerium (BGM) nimmt sich der Medikationssicherheit eines jeden einzelnen Bürgers an, indem es über die Einführung eines bundesweit einheitlichen Medikationsplans für jedermann nachdenkt. Der Medikationsplan ist dann für Ärzte und Apotheker als Barcode scannbar. Aufgeführt werden darin idealerweise alle verschreibungspflichtigen und auch nicht verschreibungspflichtigen Medikamente, die sich ein Patient unter Umständen selbstständig in der Apotheke besorgt und bei entsprechender Nachfrage durch den Arzt unter Umständen nicht nennt, weil er deren Relevanz unterschätzt. Etwaige Wechselwirkungen könnten so verhindert werden. Relevant sind in diesem Zusammenhang unter anderem rezeptfrei erhältliche Schmerzmittel, PDE-5-Hemmer und auch Johanneskraut, welche in Verbindung mit anderen Medikamenten, also im Falle sog. Polymedikationen, erhebliche Auswirkungen haben können.

Das BGM hat für das Projekt „Barcode-Medikationsplan“ schon im Jahr 2007 unter Beiteiligung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft  (AkdÄ) den „Aktionsplan Arzneimittelsicherheit“ (AMTS) ins Leben gerufen. Die Initiative hat auch bereits einen (semi-)elektronischen Medikationsplan entwickelt, der projektbezogen in NRW und Sachsen-Thüringen eingesetzt wurde. Zuletzt hatte die Ärztekammer Nordrhein einen Implementierungsvorschlag für den Medikationsplan in NRW auf Basis der Spezifikation der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft veröffentlicht

Dr. Amin-Farid Aly von der AkdÄ hat anlässlich der conhIT 2014 erläutert, dass man den Medikationsplan bewusst nicht in die elektronische Gesundheitskarte integriert habe. Dies diene der einfachen Handhabe bei der Umsetzung: Nötige Informationen zu Wirkstoff, Handelsname, Dosis, Einnahmezeitpunkt und kurze Einnahmehinweise werden zunächst in Papierform zusammengefasst und dann in einen 2D-Barcode übersetzt, von wo aus sie dann in IT-Systeme importiert werden können. Dafür ist dann lediglich ein Barcode-Leser erforderlich.

Noch nicht geklärt ist, wie die Ärzteschaft über die Einführung des Barcodes denkt und welche Akzeptanz sie ihr entgegenbringt. Das BGM will zu diesem Zweck Akzeptanztests durchführen. Der Informatiker und AMTS-Experte Dr. Gunther Hellmann, der die Spezifikation des Medikationsplans im Auftrag des BMG gemeinsam mit Aly und Dr. Horst Möller, ebenfalls AkdÄ, geschrieben hat, sieht das Projekt „Barcode“ auf einem guten Weg und will weitere AMTS-Projekte starten.

Kritiker halten das Projekt für in technischer Hinsicht noch nicht ausgereift genug, da der  Medikationsplan derzeit noch diverse national und international gängige Datenformate unberücksichtigt lässt. Von einem wirklich einheitlichen Standard sei man noch weit entfernt. Einzelne Projekte bergen die Gefahr von Insel-Lösungen, wie man sie aus dem Bereich der Gesundheits-IT kennt.

Da die Einführung des Medikationsplans via Barcode nun schon seit vielen Jahren in der Entwicklung steckt, sollten sich die Verantwortlichen die Frage stellen, ob das Projekt nun zeitnah und praktikabel, dass heißt vor allem auch bundeseinheitlich, umgesetzt werden kann. Anderenfalls könnte es Gefahr laufen, der deutschen Bürokratie und Lobbyisten zum Opfer zu fallen. Die Grundidee dagegen scheint wirklich zum Schutze des Einzelnen vor Arzneimittelrisiken überzeugend. Erst kürzlich hatten wir über die Verantwortlichkeit von Polymedikationen für Harninkontinenz berichtet.