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Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten. Gilt diese Phrase in Zeiten von Big Data und Data Mining noch? Heutzutage besitzt die Mehrheit der Bevölkerung ein Smartphone oder nutzt zumindest das Internet, vielen ist jedoch nicht bewusst, dass sie dadurch eine Fülle von Daten und Metadaten produzieren, welche von Unternehmen wie beispielsweise Google gesammelt und analysiert werden. Auch immer mehr technikaffine Nutzer erfassen eigene Körperdaten mit Hilfe von Apps, um beispielsweise das eigene Fitnesslevel zu analysieren. Dieser Trend, Quantified Self genannt, hält zunehmend auch Einzug ins Gesundheitswesen. Inzwischen haben Versicherungen Pilotprojekte gestartet, bei denen die Gesundheitsdaten der Versicherten gesammelt werden und diese dafür mit Prämien oder niedrigeren Beiträgen für gesundheitsbewusstes Verhalten belohnt werden.

So gab beispielsweise die Generali Versicherung am 18. November den Start des verhaltensbasierten Versicherungsmodells Vitality bekannt, welches bisher in Deutschland, Frankreich und Österreich angeboten wird. Nachweisbar gesundheitsbewusstes Verhalten wird hier belohnt. Dafür müssen die Teilnehmer Daten zum Essverhalten, Sport etc. zur Verfügung stellen. Auch Krankenkassen wie die Daimler BKK, DAK oder die AOK Nordost gewähren Versicherten Vorteile, wenn sie per Smarpthone-App Daten zum Gesundheitszustand und zur Aktivität übermitteln. Nicht nur Datenschützer sehen diese Entwicklung mit Sorge. Für viele stellt sich die Frage, ob und wenn ja warum man die eigenen Daten in die Hand von großen, teils privatwirtschaftlichen Konzernen geben sollte. Gerade Daten zum Gesundheitszustand sind sehr persönlich und sollten mit größter Sorgfalt behandelt werden. An diesen Bedenken scheiterten bis jetzt auch die meisten geplanten Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte (EGK).

Bei den Angeboten wird der Vorteil für die Versicherten hervorgehoben. Zwar ist es sinnvoll, sich gesund zu ernähren und ausreichend zu bewegen, aber dies ist vermutlich nicht das Primärziel der Versicherungsgesellschaften. Stattdessen dürfte es hier hauptsächlich um eine Minimierung des eigenen Risikos gehen. Gesunde Versicherte verursachen weniger Kosten, so dass Versicherungen auch nach der Ausschüttung von Prämien Geld sparen. Gegenüber der Deutschen Presseagentur dpa warnte Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentralen-Bundesverbandes, dass derartige Geschäftsmodelle und Apps bedeuten könnten, dass plötzlich die Versicherung „rund um die Uhr auf meiner Schulter“ sitze. Auch Folgen für Versicherte, die sich gegen eine Preisgabe entscheiden, sind vorstellbar. So befürchten Kritiker, dass diese als Sanktion künftig höhere Beiträge entrichten müssten.

Es stellt sich die Frage, ob sich mit derartigen Sanktionen oder auch Anreizen das Verhalten der Versicherten beeinflussen lässt. Damit hätte man wiederum den Brückenschlag zur Kybernetik geschafft, die davon ausgeht, dass sich das Verhalten der Zukunft anhand des Verhaltens in der Vergangenheit berechnen lasse. Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein großer Datenmengen.  Es scheint zumindest als wahrscheinlich zu gelten, dass derartige Geschäftsmodelle in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden, egal ob man diese Entwicklung nun begrüßt oder kritisch betrachtet. Es ist daher wichtig, dass zeitnah Regelungen und Gesetze zum Datenschutz geschaffen werden, damit die Nutzer die Hoheit über ihre eigenen Daten behalten. Hier besteht eindeutig Nachholbedarf, das aktuelle Datenschutzrecht ist was das Internet, Apps und nutzerbezogene Daten angeht nicht auf dem neuesten Stand.