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Nun ist es soweit: Zum 01. August 2014 treten die ersten Teile der von der großen Koalition beschlossenen Gesundheitsreform in Kraft. Ein besonders wichtiger Aspekt liegt dabei bei der Verbesserung der Qualität der stationären Versorgung von Patienten in Krankenhäusern. Dazu trifft den Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen die gesetzliche Verpflichtung, ein Institut zu gründen, dass die Qualität der Krankenhäuser misst. Im Zeitalter des Internets sollen die Versicherten dann mittelfristig auch im Internet  die Profile der Kliniken vergleichen können. Zudem wird die finanzielle Förderung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) von 5,6 Mio. Euro auf 9 Mio. Euro pro Jahr aufgestockt. Hebammen, die zuletzt durch hohe Haftpflichtprämien belastet worden sind, sollen Vergütungszuschläge erhalten. Damit folgt die Bundesregierung einer Forderung des BÄK-Präsidenten Frank Ulrich Motgomery, die schon beim diesjährigen Deutschen Ärztetag kundgegeben wurde.

Ein maßgeblicher Gesichtspunkt der Reform, nämlich die Umgestaltung der Beitragssätze der Versicherten in Form einer Beitragssenkung von 15,5 Prozent auf 14,6 Prozent zuzüglich eines einkommensabhängigen Zusatzbeitrages, wird dann Anfang des Jahres 2015 umgesetzt werden.

Parallel zum Startschuss der Umsetzung der Gesundheitsreform prognostiziert die Deutsche Bundesbank einen weiteren Anstieg der Gesundheitsausgaben in den kommenden Jahren. Der zurzeit noch bestehende Finanzüberschuss der GKV sei nach Auffassung der Deutschen Bundesbank nur eine Momentaufnahme. Die Ausgaben werden soweit ansteigen, dass auch eine erneute Anhebung des Bundeszuschusses, der gegenwärtig abgesenkt wurde, das Defizit nicht abfangen kann. Die Deutsche Bundesbank rechnet daher mit weiteren Beitragssatzanhebungen. Nach Vorausberechnungen der Europäischen Union könnten bis zum Jahr 2060 sogar Beitragssätze von 16,5 und 21,5 Prozent möglich sein.

Im ersten Quartal 2014 lag das Defizit der GKV mit fast zwei Mrd. Euro etwa doppelt so hoch wie im Vorjahr, trotz eines Einnahmeplus von vier Prozent, welches aber in erster Linie durch die monatlichen Zahlungen des Gesundheitsfonds erreicht werden konnte. Die zahlenmäßig gestiegenen Einnahmen werden bedauerlicherweise von den um sechs Prozent gestiegenen Ausgaben überschattet. Für den Anstieg der Ausgaben sind besonders höhere Kosten für Arzneimittel nach der Absenkung des Herstellerrabatts zum Jahresbeginn von 16 auf 7 Prozent sowie Versorgungszuschläge bei der stationären Behandlung verantwortlich. Bereits Anfang des Jahres hatte die Deutsche Bundesbank auf diese defizitären Entwicklungen hingewiesen. Dabei hatten die Krankenkassen gerade noch aus betriebswirtschaftlicher Sicht auf die scheinbar gute Finanzlage reagiert.  So war zu beobachten, dass die Fusionswelle deutlich abgenommen hat. Während im Jahr 2009 noch insgesamt 27 Krankenkassen fusionierten, änderte sich die Zahl im Jahr 2013 bereits auf 3 Fusionen. Dies entspricht einem Rückgang von 88 Prozent in nur 4 Jahren.

Zwar konnte die gute Arbeitsmarktsituation in Deutschland durch entsprechende Beitragseinnahmen dafür sorgen, dass der Gesundheitsfonds um 3,5 Prozent weiter angewachsen ist, dennoch stellt dies nach den Prognosen der Deutschen Bundesbank nur einen Tropfen auf dem heißen Stein dar.

Die Bundesbank kritisiert die Gesundheitspolitik als nicht ausreichend zielgerichtet und als nicht langfristig genug. Als Beispiel seien Finanzmittel für Krankenhäuser, die gewährt und auch wieder versagt wurden, sowie die Praxisgebühr zu nennen, die allenfalls eingeführt und dann auch wieder abgeschafft wurde. Auch Arzneimittelrabatte wurden wiederholt erhöht und dann auch wieder reduziert.

Die Bundesbank selbst schlägt vor, vor allem der Gefahr der Überinanspruchnahme medizinischer Leistungen entgegenzuwirken. Dies könnte zum einen durch einen teilweisen Wechsel vom Sachleistungs- zum Kostenerstattungsprinzip geschehen. Auch Selbstbehalte, Kostenbeteiligungen und Beitragsrückerstattungen sind geeignete Maßnahmen, um die Nachfrage medizinischer Leistungen zu steuern. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lobt die Vorschläge der Bundesbank. Das Thema scheint also nicht nur die Gesundheitspolitik, sondern auch die Arbeits- und Sozialpolitik mehr und mehr zu beschäftigen.

Hinweis: Die GKV-Landschaft hat S7 vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzreform umfassend in einem Market Report beleuchtet. Nähere Informationen zu Krankenkassen, Ausschreibungen und Erstattungspreisen finden Sie auf folgender Seite: S7-Shop